236 Angeborener Schwachsinn.
scher. Zahlreiche Sinnestäuschungen auf allen Gebieten, unter
denen das Sehen kleinster Tierchen eine charakteristische Rolle spielt,
verbinden sich mit Verfolgungswahnvorstellungen. Neben Delirien und
Eifersuchtswahn treten besonders der akuten Halluzinose der Trinker
ähnliche Bilder auf. Auch nach erfolgter Entziehung des Kokains
können die Wahnvorstellungen noch eine Weile andauern.
Beurteilung, Behandlung und Prognose entsprechen den ohen
dargelegten Verhältnissen bei Morphinismus. Bei allen diesen Zuständen
sind Zeugenaussagen der Kranken wegen ihrer mangelhaften Er-
innerungstreue mit höchster Vorsicht aufzunehmen. Vielfach sind Mor-
phinismus und Kokainismus gleichzeitig mit chronischem Alkoholismus
vergesellschaftet.
Lit. Nr. 52, 76, 167, 234, 245.
Angeborener Schwachsinn.
Als anatomische Grundlage für die Entstehung von Schwachsinn
ist eine Entwickelungshemmung des Gehirns anzunehmen, deren Ursachen
sehr verschiedenartige sein können: Ausser ererbter minderwertiger
Veranlagung oder Schädigung des Keimes durch Trunksucht, Lues,
Tuberkulose der Erzeuger kommen nicht nur alle ungünstigen Momente
in Betracht, welche während Schwangerschaft und Geburt auf die Frucht
einwirkten, sondern noch in den ersten Lebensjahren üben Rachitis, In-
fektionskrankheiten mit meningitischen und enzephalitischen Kompli-
kationen, ferner Schädelverletzungen und mangelhafte Beschaffenheit der
für die innere Sekretion wichtigen Organe nachteiligen Einfluss aus.
Da es sich also bei den von Jugend auf bestehenden Schwachsinns-
formen durchaus nicht um etwas klinisch Einheitliches handelt, geschieht
ihre Zusammenfassung lediglich aus praktischen Gesichtspunkten. Etwa
vorhandene körperliche Missbildungen (S. 99), zerebrale Kinderlähmung,
früh aufgetretene epileptische Krämpfe dürfen wohl den Verdacht auf
geistige Minderwertigkeit erregen und einen Fingerzeig für die Unter-
suchung geben, beweisen aber an sich noch nicht einen krankhaften
Geisteszustand.
Ausschlaggebend ist die Feststellung einer ungenügenden
Entwickelung der intellektuellen Fähigkeiten, durch
welche zeitlebens ein Verharren auf kindlicher Stufe verursacht wird.
Meist lehrt bereits die Vorgeschichte, dass in der Kindheit ein Zurück-
bleiben gegenüber den Altersgenossen beobachtet wurde, spätes Erlernen
von Sprechen und Laufen, Interesselosigkeit gegenüber Vorgängen in
der Umgebung, seltenes Fragen, Spielen mit Jüngeren, Versagen in der
Schule infolge erschwerter Auffassung, Unfähigkeit zur Konzentration
oder Untreue des Gedächtnisses. Später treten immer deutlicher die
auffallende Urteilslosigkeit hervor, der Mangel an höheren sittlichen
Empfindungen und Willensschwäche, Unbeständigkeit, Beeinflussbarkeit
verbunden mit Eigensinn und triebhaften Neigungen. Auf die schema-
nn