Full text: Kurzgefasstes Lehrbuch der gerichtlichen Psychiatrie für Mediziner und Juristen

; Früheste Kindheit. 
lich zu psychopathischen Erscheinungen, Epilepsie, Idiotie und Psychosen 
veranlagt ist. 
Syphilis der Erzeuger, weniger die Tuberkulose, ist von Bedeutung. 
Ferner erscheinen etwaige erschöpfende Krankheiten und stärkere 
Traumen der Mutter zur Zeit der Schwangerschaft geeignet, die Ent- 
wickelung der Frucht zu schädigen. 
Immer wird es als ungünstig anzusehen sein, wenn die gleiche Be- 
lastung von beiden Eltern her auf den Nachkommen eingewirkt hatte. 
Das ist vornehmlich der Grund, weshalb Blutsverwandtschaft der 
Erzeuger Beachtung verdient, und Inzucht im allgemeinen als unheilvoll 
angesprochen wird. Man darf von einer erblich bedingten geistigen Ent- 
artung reden, wenn durch zunehmende Häufung ungünstiger Anlagen 
die Keimmasse, welche von Generation zu Generation weitergegeben 
ward, eine fortschreitende Verschlechterung erfährt. Die Sprösslinge 
derartiger Familien weisen zahlreiche psychopathische Züge, körperliche 
Degenerationszeichen (siehe S. 99) und ausgesprochene Neigung zum 
Verfall in Geisteskrankheit auf. Allein auf solche fortschreitende 
Degeneration kann mit Zuführung frischen Blutes wieder Regene- 
ration folgen. Nur in den schwersten Fällen sehen wir unter Ent- 
wickelung fortpflanzungsunfähiger Idioten und Missbildungen die ent- 
artete Familie aussterben. 
Immer sollte sich der gerichtliche Sachverständige den wichtigen 
Satz vor Augen halten, dass selbst die stärkste erbliche Be- 
lastung im Einzelfalle nicht unbedingt Geistesstörung zur 
Folge haben muss. Ihr Nachweis soll freilich seinen Verdacht er- 
regen und vermag manche Beobachtung zu erklären, aber über den 
Geisteszustand des zu Begutachtenden selbst sagt sie ihm noch nichts! 
Lit: Nr. 163, 178, 285. 
2, Die verschiedenen Lebensabschnitte. 
a) Früheste Kindheit. 
Über die Erkrankungen der Fötalzeit wissen wir wenig; wir sehen 
nur ihre Folgen in Entwickelungshemmungen des Gehirns zutage treten. 
Während einer schweren Geburt kann es durch Quetschungen und Zer- 
reissungen des Gehirngewebes zu Blutungen und dauernden Störungen 
kommen. Auch die Asphyxie (Scheintod) der Neugeborenen scheint 
bleibende Schädigungen herbeiführen zu können. 
In den ersten Lebensjahren sind es häufiger meningo-enzepha- 
litische Erkrankungen, welche die regelrechte Entwickelung des Gehirns 
behindern, auch zu Taubstummheit. Veranlassung zu geben vermögen. 
Sehr ungünstig pflegen ferner unter Umständen schwerere Gehirnerschüt- 
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