Full text: Wilhelm Gerhard's Gesänge der Serben

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„Morlakischen" (Ausg. letzt. Hand, Bd. II. S. Sl und ff.), 
welcher bekanntlich anhebt mit den Worten: 
„Was ist Weitzes dort am grünen Walde? 
Ist es Schnee wohl, oder sind cs Schwäne?" 
seien Prosper Merimee's „Gusle" entnommen. 
Die Wahrheit ist, daß Göthe's Klaggesang schon 1777, 
also mehr als zwei Menschenalter früher, als die „Gusle", 
gedruckt erschienen. Göthe fand ihn, wie uns Woldematz Freiherr 
von Biedermann erzählt, in einer deutschen Uebersetzung von 
Fortis „Reise nach Dalmatien", in jambischem anstatt in tro- 
chäischem Versmaß und ohne genauen Anschluß an den In 
halt des serbischen Originals. „Göthe vermied," sagt Bie 
dermann, „beide Ablveichnngen in seiner Bearbeitung, indem 
er sie, ohne das Serbische zu verstehen, dennoch nach dem 
Gehör diesem anzitschmiegen wußte; seit dem Jahre 1776 
oder 1777, in welches diese Umdichtung fallt, hat Göthe 
wahrscheinlich die serbische Dichtung nicht mehr beachtet, bis 
im Jahre 1814 eine Bewegung ZN Gunsten derselben entstand, 
welche nach zehnjährigem Stillstände größere Bedeutung für 
Deutschland gewann." (v. Biedermann, Göthe und Leipzig, 
Bd. II. S. 309 u. fs.) 
Die Wahrheit ist also, daß zwar auch Merimee's „Gusle" 
die „l'rists bailade de la noble epouse d’Asan-Aga“ (a. 
a. O. pag. 433) bringt, daß aber Göthe und Märimee aus 
derselben Quelle geschöpft haben, nur Göthe über zwei Men 
schenalter früher, als Msrimoe, und daß Göthe's Umdich- 
tnng den unverkennbaren Stempel des großen Genius trägt, 
während die Bearbeitung Merimee's die geschickte und ge 
schmackvolle Mache eines Literaturfrenndes aufweist. 
Gerhard hat allerdings die „Gusle" übersetzt, wie er 
dies in seinem Vorwort erzählt; allein dieselbe bildet nur 
einen „Anhang", aber keinen wesentlichen Bestandtbeil seiner
	        
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