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wollen wir dahingestellt sein lassen; jedenfalls endigte diese
Schlacht, welche den Gegenstand von Dutzenden theils ver
zweifelnder, theils tröstender serbischer Volkslieder bildet, die
Herrlichkeit der Nation. Man thut Unrecht, diese Volkslieder
als Geschichtsquellen zu behandeln. Sie haben einen durchaus
mythischen Charakter und sind erst in späteren Zeiten entstanden.
Sie betrachten diese Schlacht vom „Widov-Dan", d. h. vom
Sankt-Veits-Tag (15. Juni) 1389, als die unheilvolle Kata
strophe für die serbische Nation und gaben diesem Gefühl da
durch Ausdruck, daß sie alle berühmten serbischen Helden, auch
diejenigen, welche den 1b. Juni 1389 gar nicht erlebt haben,
an diesem Unglückstage mitfechten und umkommen lassen.
Ich will in dem Nachfolgenden eine Schilderung dieser
Schlacht, und zwar vorzugsweise nach den Erzählungen der
türkischen Chronisten geben. Denn diese sind nicht Dichter,
sondern trockene Erzähler, welche den Ereignissen nahe stan
den; sie werden deshalb auch von unserem deutschen Geschicht
schreiber des Osmanischen Reiches, welchen ich meine Dar
stellung entnehme (siehe „Geschichte des Osmanischen
Reiches durch Joseph von Hammer," Pest, Hartleben, 1827,
Band I., S. 205 u. ff., und die „Geschichte des Osmanischen
Reiches in Europa durch Johann Wilhelm Zinkeisen," Band I.
Scite249 nndfolgende), als dieglanbhastcstenO.uellcnbetrachtet.
Kral Lazar von Serbien also glaubte die türkische Tri
butpflicht, welche er mit Unwille» trug, wieder abschütteln zu
können. Er errang einige Erfolge und zog sich dadurch den
Zorn des Sultan Murad I. ju, welcher unter der Benennung
des „mächtigen Herrn" (Khudawenkiar) und des siegreichen
Glaubensstreiters (Ghasi) eine so große Rolle in der türkischen
Geschichte spielt
Beide Theile spannten ihre äußersten Kräfte an, um sich zum
entscheidenden Kampfe zu rüsten. Endlich standen sie auf dem
Amselfelde, das ich in der Note I. zu den epischen Fragmenten