Full text: Wilhelm Gerhard's Gesänge der Serben

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alt ist. Nicht wählbar aber sind Beamte und Advocaten. 
Dagegen können letztere von der Regierung in die Sknpschtina 
delegirt werden, was hänsig geschieht, so daß neben der „rusti 
kalen" Beredtsamkeit auch die „höhere" platzgreift. Uebrigens 
zeichnen sich die Debatten der Sknpschtina weder durch Höflich 
keit noch durch Ordnung ans. 
Unter solchen Umständen ist es begreiflich, daß in dein 
Fürstenthum Serbien weder die Anhänglichkeit an die Dynastie, 
noch das Staatsbewußtsein hoch entwickelt ist. Ich unter 
scheide nämlich zwischen „Staats-Bewußtsein" und 
„National-Bewußtsein. Letzteres ist ohne Zweifel vor 
handen. Das Volk kennt heute itoch seine alten Helden, den 
Duschan, den Marko und den Lazar. Die altserbischen Erin 
nerungen sind auch heute noch in ihm lebendig. Dagegen 
hat es wenig oder gar keine Lust, für die moderne Staats 
idee Opfer zil bringen. Es interessirt sich mehr für die 
Fainilie, für die Communion und die Gemeinde, als für den 
Staat. Wenn darin ein Tadel gefunden werden soll, so will 
ich ihn dadurch mildern, daß ich hinzufüge: Es war und 
ist zum Theil ja auch in Deutschlaitd ganz ähnlich. Denken 
wir nur nit unsere „Großdeutschen", welche gleichzeitig für 
den extremsten und engsten Particnlarismns schwärmten und 
für ein phantastisches „Großdeutschland", — für jenes „mittel 
europäische Siebenzig-Millionen-Reich", welches mit dein idea 
len „Großserbien" eine gewisse verhängnißvolleAehnlichkeithatte. 
Jedenfalls dürfen wir über dein Unglück, welches gegen- 
ivärtig schiver auf dem kleinen Serbien lastet, nicht vergessen, 
daß die serbische Nation eine relativ große Vergangenheit 
hat, und daß dieses Land auch in Zukunst berufen ist, 
wenigstens »ach einer gewissen Richtung eine Rolle zu spielen. 
Es hat nämlich den Sßenif, die türkischen Eisenbahnen, welche 
bis jetzt von den Hafenplätzen ans als Sackgassen nach dem 
Innern des Landes verlaufen und nirgends einen Anschluß
	        
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