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töricht, um auf vorgedüngtem Hirnboden zu wuchern.
Ich, der Sie in einem langen Leben zweimal sah, weiß
nichts von Ihrem politischen Denken. Doch mir scheint,
selbst wenn Sie Kommunist, Anarchist, Hitlerist wären
und die Bürgerrepublik von heute als scheusälig ver
dammten, könnten Sie an der Hochschule Ihrer Vater
stadt das Amt des Philosophie-Dozenten vollkommen
ausfüllen. Daß Sie seiner nicht unwürdig sind, er
weisen doch wohl Ihre Bücher. Las sie die Sprudel
jugend, die lärmend Ihre Entamtung heischt? Dann
würde sie sich gewiß nicht in Gericht über den Verfasser
erdreisten.
Sie ist verhetzt, flüstern emsige Anwälte ihres Rechtes.
Mußte sie nicht gegen Verhetzung sich bäumen ? Nicht
sich in die Erkenntnis bescheiden, daß der Alternde
Menschen und Dinge anders sieht als der Jüngling,
den nur Vergottung oder Verteufelung voll befriedigt?
Daß zu ihren Pflichten gehört, Psychologie zu lernen,
zu ihren Rechten nicht, dem Lehrer vorzuschreiben,
wie er Menschliches in sich aufnehmen, wägen und
mit dem Werkzeug der Wortkunst darstellen solle? Sehen
Werners Bismarck und Moltke wie Lenbachs aus und
wäre ein Neonaturalist, der den Marschall Hindenburg
anders als je ein Höfling Seiner Majestät des Krieges
malte, drum als schlechter Kerl zu verrufen?
Der Jugend AtemraumI Ephebokratie aber, Will
kürherrschaft Unreifer, würde unertragbar. Der Feder
busch unkritischer Begeisterung erfreut das Auge, wenn
er von Jünglingstirnen winkt. Doch nur der Blüte,
niemals der Frucht schadet die Kälte. Jean Paul sprichts.
Und aus den .Maximen und Reflexionen“ goethischer
Weisheit fällt das Blinklicht der Sätze: „Ob eine Nation
reif werden könne, ist eine wunderliche Frage. Ich be
antworte Sie mit Ja, wenn alle Männer als dreißigjährig
geboren werden könnten. Da aber die Jugend vorlaut,
das Alter kleinlaut ewig sein wird, so ist der eigentlich