156 III. Buch. II. Abschn. Genesis des Naturrechts im Allgem.
dazu gelangte also das Naturrecht selbst, und es glaubt damit
jene widersprechenden Principien in Einklang gebracht zu ha
ben. Allein das ist auch hiermit nicht erreicht, weil es schlech
terdings nicht zu erreichen ist. Entweder es besteht ein ge
schichtlicher Zusammenhang zwischen dem Handeln und seinen
Folgen — dann ist auch Sklaverei nicht gegen die Freiheit,
wenn sie nur damals gewollt wurde; denn es geschieht dem,
der jetzt Sklave ist, ja nur sein Wille, er ist also nicht als
Mittel behandelt. Oder es besteht kein solcher Zusammenhang,
dann läßt es sich durchaus nicht rechtfertigen, daß irgend ein
Vertrag bindet; denn der gezwungen wird, will ja jetzt nicht,
er ist also als Mittel behandelt.
Die Lösung dieser Dialektik ist diese: der Widerspruch ent
steht nur daraus, daß die Freiheit des Menschen aus einen Begriff
gegründet wird. Zst sie durch den freien Willen Gottes und als
Theil seiner bestimmten sittlichen Ordnung eingesetzt, so weichen
alle Schwierigkeiten: sie reicht, so weit er es wollte, sie hat ihre
Gränze, in wie weit sic sich selbst veräußern darf, durch die
Bestimmung, die er ihr gab; innerhalb dieser Gränze aber hat sie
ihre wahrhaft freie, Aenderung wirkende Bewegung, weil Gott
nicht wie Vernunft bloß Nothwendiges hervorbringen kann.
Unter den Verträgen selbst spielt die Hauptrolle der Ge
sellschaftsvertrag. Durch ihn ist es möglich, die dauernden
Verhältnisse gegenseitiger Abhängigkeit (Ehe, älterliches Ver
hältniß, Staat), die der Freiheit entzogen sind, aus ihr selbst
abzuleiten, „blullurn Imperium sine pacto.” Diese Verhält
nisse, ihrer Natur nach den Menschen durch ihre innewohnende
Idee beherrschend, werden dadurch unter ihn gebracht. Denn
alle Gesellschaft hat nur ein passives Objekt und enthält keine
Unterwerfung als die gegenseitig bestehende und gegenseitig zu
erlassende. So hängt das Daseyn und die Einrichtung der Familie,