Full text: Die religiöse Eigentümlichkeit der lutherischen und der reformierten Kirche

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angestrebte Ziel erreicht sahen: die Aufhebung der katholischen 
Religion als Staatsreligion und völlige Kultusfreiheit. Kostete 
doch die von John Knox gewaltsam und stürmisch unter allgemei 
nen: Beifall des Adels und des Volkes gegen die Königin und die 
Geistlichkeit durchgesetzte Reformation der Maria Stuart Thron 
und Leben, weshalb ihr Sohn Jacob I. von England (der als 
Jacob VI. sich in die schottische liberale Verfassung hatte schicken 
müssen, aber dabei „ein König ohne Staat und Ehre" gewesen 
war) den Presbyterianern Englands antwortete: „Wenn ihr auf 
eine schottische presbyteriale Form euer Auge gerichtet habt, so 
wisset, daß sich diese zu einer Monarchie schickt wie Belial zu Gott," 
und darum den Grundsatz hatte: „Ohne Bischof kein König", 
was wie eine Weissagung über das Schicksal seiner Nachkommen 
klingt. 
In England Ivollte der despotisch und hierarchisch gesinnte 
Heinrich VIII. selbst eine Reformation nach seinem Gutdünken 
machen und feststellen. Es wäre seiner Tochter Elisabeth vielleicht 
besser gelungen, in seine Fußstapfen zu treten, wenn nicht vorher 
Eduard's VI. liberale Maßregeln die Hoffnungen und Marias 
reagierende Maßregeln den Widerstand der liberalen Reformation 
verstärkt hätten. Nun war alle Gewalt, alle Grausamkeit der 
Regenten aus dem Hause Stuart gegen die erbitterten, politischen 
und kirchlichen Feinde der Regierung, die echten Reformierten, 
Presbyterianer, Dissenters oder Puritaner genannt, vergeblich, der 
Widerstand ward desto heftiger; bis endlich, da die freisinnigen 
Schotten halfen, das Volk, von dem immer kirchlich-liberal ge 
sinnten Parlamente unterstützt, die Herrschaft der bischöflichen Kirche 
stürzte und mit einer, seit den Kreuzzügen nie gesehenen religiösen 
Begeisterung und Schwärmerei gegen seinen König Carl I. in einem 
fanatischen Religionskrieg aufstand, der von einer fast mehr beten 
den und singenden als kämpfenden Armee siegreich geführt wurde 
und nach der ungestümen Forderung der Independenten mit der 
Hinrichtung des Königs endete. lind als 40 Jahre später Carl II. 
und Jacob II., ungewarnt durch die traurigen Schicksale ihrer 
Ahnen, von dem der Republik müden Volke zurückgerufen, von 
neuem die presbyterianische Kirche und die andern Sekten auf 
Kosten der katholischen und bischöflichen Kirche unterdrückten, kostete 
dieser bloße Versuch durch einstimmige Reaktion des Volkswillens 
Jacob dem Zweiten und allen Stuarts auf immer den Thron. 
Britannien aber erhob sich von da an in engverbundener bürger 
licher und kirchlicher Freiheit unter seinen echt protestantischen 
Königen zu einer hohen Stufe von Macht und Herrlichkeit. Den 
noch aber werden die demokratischen Schotten und die Dissenters 
nie ruhen und sich viel lieber mit den ihnen sonst so verhaßten 
Katholiken verbinden, so lauge nicht die Alleinherrschaft der aristo 
kratischen und hierarchischen Staatskirche, gegen deren Herrschaft 
nun schon so lange gekämpft worden ist, vollkommen gestürzt ist. 
Die reformierte Reformation oder eigentlich der Versuch, sie 
gewaltsan: zu unterdrücken, kostete dem mächtigen Könige von 
Spanien nach dem blutigsten Kriege die Hälfte der schönen bur-
	        
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