Aus französischen Moralkatechismen.
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die Erde nur ein grofser Schauplatz immerwährenden Gemetzels
sein. Weder eine Rache, noch eine Vergeltung,
sondern die Wiedereinsetzung in unsere Rechte!
Unsere Rechte sind mit Ftifsen getreten worden, man hat
uns erobert — wir fordern unsere Rechte und die Freiheit zu
rück. Wir kämpfen für die Gerechtigkeit, und die Gerechtig
keit ist eine grofse, ruhige, sachliche Angelegenheit, die keine
böswilligen Gefühle zuläfst.
Wenn es aber nicht geschieht, um den Vater zu rächen,
wii’d da die Mutter ihre zwei Söhne hingeben?
Sie schwankt — sie weint — es ist ein grausames Opfer.
Aber wenn es nicht ein Opfer wäre, wo wäre da das Ver
dienst? Sie wird ihre Söhne geben. Die Frau des ältesten, die
Braut des jüngsten werden ihren Gatten und ihren Bräutigam
geben und, statt sich in unnützen Thränen aufzureiben, wer
den sie den Männern, die vor dem Feind stehen, durch den
Gedanken die ganze Energie, den ganzen Mut, die ganze Vater
landsliebe senden, deren sie, traurig und abgemattet, bedürfen
können.
Was werden sie zu Hause thun, während der langen
Kriegsmonate, diese drei Frauen, die keinen anderen Gedanken
haben, als den an ihre teuren Abwesenden?
Alle Tage sollen sie den Kindern von denen sprechen,
welche das Vaterland verteidigen. Sie sollen den Knaben des
Dorfes sagen, was ein Mann, der sein Land liebt, zu thun hat.
Sie sollen die Geschichte derjenigen erzählen, welche auf dem
Felde der Ehre gestorben sind, und derjenigen, die überlebend
ins Land zurückgekehrt sind mit rühmlicher Verwundung, mit
dem Ehrenkreuz oder der Militärmedaille, mit Rangerhöhungen
und Pensionen. Sie sollen sagen, wie gerecht der Krieg, wenn
auch an und für sich grausam, sein kann, wenn er der Wie
dererlangung des Rechtes gilt; wieviel Kraft und Mut jeder
einzelne dann bei sich selbst finden kann. Sie sollen die weniger
beherzten Frauen beschwichtigen: nicht jeder fällt im Kriege —
und wenn sie dann auch sterben? Man mufs wohl gestehen,
dafs das eintreten kann. Man wird sie beweinen, man wird
sie ehren. Diejenigen, welche sie nie gesehen, tragen ihnen
Blumen herbei, und ihre Namen bleiben auf immer lieb und
ehrwürdig in der Familie. Die da vor dem Feind sterben,