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dieser Abgeordnete unbedingt der Mehrheit angehört;
auch jetzt sind ja in sehr vielen Bezirken die Vertreter
nicht gleichzeitig auch Vertreter der relativen Majori
tät. Bei der Wahrnehmung konkreter besonderer
örtlicher Bezirksinteressen tut die Parteistellung
auch nichts zur Sache. Wenn es sich um Eisenbahn,
Gerichte, Kasernen oder sonst wirtschaftliche Vorteile
für einen Bezirk handelt, sind alle Parteien in der
Regel ein Herz und eine Seele. Es soll nur erreicht wer
den, daß derBezirkeinenMann hat, an den
sich der engere Kreis wenden kann, wenn es spezifische
Vezirksinteressen zu vertreten gilt. Sollen nämlich die
Minoritätsparteien zur Geltung kommen, so wird nötig
sein —, wie sich nachher aus unserer Rechnung ergibt
— daß ein kleiner Teil der Bezirke Vertreter bekommt,
die nicht der relativen Mehrheit des Bezirks an
gehören. Allein dieser Umstand kann nicht von Be
lang sein, da die Geltendmachung von Bezirksinteressen
von politischen Parteibestrebungen unabhängig ist.
Die Hauptsache ist, daß der Bezirk gewissermaßen einen
Offizial-Vertreter hat, an den sich die Kreiseingesesse-
nen im Falle des Bedürfnisses wenden können, damit
dieser nicht nötig habe, sich beispielsweise unter
14 badischen Abgeordneten einen Mann herauszu
suchen, der von den besonderen Interessen nichts ver
steht, auch keinerlei Neigung hat, sich damit zu befassen,
weil er weder politisch, noch moralisch verpflichtet ist,
auf diese Interessen einzugehen. Der Bezirks-
abgeordnete dagegen, einerlei welcher Partei des
Bezirks er angehört, steht in persönlicher Be
rührung mit seinen Wählern und Kreisgenossen
und ist als solcher der natürliche Schützer des
Bezirks und seiner örtlichen Bedürfnisse. Die
großen politischen Interessen werden durch die
Partei vertreten, die Ortsinteressen durch
den offiziellen Vertrauensmann des Bezirks.
Die Frage ist nun die, ob sich eben die Proportion