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aus ein in der politischen Psychologie liegender und be
gründeter Gedanke, daß der Wähler und der Bezirk es
mit einem Abgeordneten zu tun haben, der auch dann,
wenn er nicht gerade die relative Mehrheit seines Be
zirks darstellt, die Wahrung der örtlichen Interessen
als selbstverständlich sich angelegen sein läßt.
Der dritte Hauptpunkt ist der, daß für die weitaus
größere Zahl der Bezirke zu dem allem noch die
Vertretung der relativen Mehrheit gesichert ist. 4. ist
die ganze Wahlhandlung für den Wähler im Bezirk
so einfach wie früher.
Fassen wir den Gedanken über mein System der
Proportional- und Bezirksvertretung nochmals kurz zu
sammen:
Es erzielt vor allen Dingen die exakte Vertretung
der politischen Parteien nach ihrer wirklichen Stärke,
so daß die übrigen Gesichtspunkte zurückstehen, und es
wird erreicht die Vertretung des Bezirks, ohne die
jedes Wahlsystem eine unvollkommene, dem natürlichen
Gefühl und Bedürfnis widersprechende Einrichtung
bleibt.
So schrieb ich vor 3» Jahren; das rein Zahlen
mäßige gilt exakt für die heutige Zeit; man braucht
nur die Zahl mit drei zu multiplizieren, um dem
heutigen Stimmenaufgebot nahezukommen.
Die N a ch t e i l e des Listenwahlsystems haben sich
aber noch wesentlich vermehrt. Vor allem hat sich
die g I e i t e n d e S k a l a als f a l s ch , als den Reichs
tag und seine ganze Arbeitstechnik schwer belastend,
herausgestellt. Man muß wieder zur festen Zahl der
Abgeordnetensitze zurückkehren. 397 wird wohl nicht ge
nügen, man kann schon ein oder zwei Dutzend hin
zufügen; jedenfalls aber nicht mehr, als der Sitzungs
saal und die Beratungszimmer, die doch gegebene,
nicht abwandelbare Größen sind, zulasten.
Die reine Listenwahl hat in der kurzen Zeit ihres
Bestehens wahlmoralische Nachteile gezeitigt, an die