Full text: Der Weg des Zentrums

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Partei im Anzug, sie wird in jeder Wahlperiode 
stärker. Wenn in den Vereinigten Staaten die 
Sozialdemokratie heute noch nicht die Macht ist, die sie 
ihrer numerischen Bedeutung entsprechend sein könnte, 
so ist das auf zwei Gründe zurückzuführen. Die demo 
kratische Idee der Gleichheit Aller vor dem Gesetz und 
untereinander ist in Nordamerika stärker verwirklicht 
als auf dem Kontinent, England eingeschlossen. Dies 
wirkt zweifellos als Abzugsventil für radikalisierende 
Tendenzen. (Man mutz in den Staaten gewesen sein 
und diese praktische Sozialpolitik der Angleichung der 
Stände erkannt und erlebt haben, mit der daraus fol 
genden Pazifizierung der sogenannten unteren Schich 
ten.) Noch bedeutsamer aber für das verhältnismätzig 
langsame Vordringen sozialistischer Ideen ist die Tat 
sache, datz der nordamerikanische Arbeiterstand noch 
keine Elite in unserem Sinne hat; der nordamerika 
nische Arbeiter steht — wie das gesamte Amerikaner- 
tum — auf einer kulturpolitisch niedrigeren Stufe 
als in Deutschland. Der amerikanische Arbeiter ist 
bei gutem Lohn, demokratisch anständiger Behandlung 
und absoluter politischer Gleichberechtigung mit der 
Vorherrschaft der plutokratischen Schicht verhältnis 
mätzig zufrieden. Do aber in den Staaten — und 
hier erst recht — der kapitalistische Industrialismus 
hemmungslos vorangeht und ein indu- 
strialistisches Junkertum erzeugt, das seine Vorherr 
schaft immer rücksichtsloser geltend macht, so ist die 
Ueberwindung der verhältnismäßigen Passivität der 
amerikanischen Arbeiterschaft nur eine Frage der Zeit. 
Ich habe in meinem 1906 erschienenen Buch über 
Nordamerika den Gedanken ausgesprochen, datz die 
Staaten bei fortschreitender kapitalistischer Entwick 
lung vermutlich das erste Gemeinwesen sein werden, 
in dem die sozialistische Idee wird realisiert werden. 
Also auch in Nordamerika ist von einem Zwei 
parteiensystem gar keine Rede. Dort wie hier — in 
Europa — drängt im Gegenteil die parteipolitische
	        
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