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kranken, invaliden und alternden Arbeiter ist erheb
liches geleistet, die Schutzgesetzgebung ist wesentlich ver
bessert worden. Rein materiell hat die Arbeiterklaffe
— ich gebrauche das Wort lediglich terminologisch —
einen Aufstieg genommen —: wohl sind die Reichen
reicher, aber die Armen sind nicht ärmer geworden.
Die Wirkungen, die die Sozialreform ausgelöst
hat, haben befriedenden Charakter, harte Ungerechtig
keiten wurden beseitigt. Aber es wäre falsch zu
glauben, daß die Sozialreform damit ihr Endziel er
reicht hätte. Man hat bei der ganzen Sozialreform
den Schwerpunkt zu sehr im rein Materiellen, im
Wirtschaftlichen gesucht. Aber der Mensch verlangt
mehr, wie nur gut gefüttert zu werden: das panem
et circenses hat schon zur Römerzeit nicht genügt, es
hat die Aufstände und sozialen Wirren nicht verhin
dern können, der Appell der Gracchen erzeugte eine
mächtige Resonanz in der römischen Volksseele. Diese
Erhebungen fanden statt, obwohl es damals keinen
Stand der der selbständigen Produktionsmittel Be
raubten gab, der an numerischer Bedeutung mit
dem heutigen Stand der Jndustriearbeiterheere zu
vergleichen wäre. Vergesse inan doch nicht, daß der
kapitalistische Industrialismus fast die Hälfte der
Nation enteignet hat.
Der Mensch will Eigentümer sein; er will,
da er von Geburt ein Künstler ist — nach dem Willen
des Schöpfers, der den Menschen zu seinem Ebenbild
schuf — in selbständiger, verantwortlicher Tätigkeit,
seinen natürlichen und göttlichen Beruf ausüben. Und
dazu hat er das Recht. Der Mensch ist nicht dazu da,
Sklave der Maschine zu sein, er soll nicht vom
Schematismus der industrialistischen Fabrik seiner
Persönlichkeit beraubt werden. Die Atomisierung der
Gesellschaft durch den kapitalistischen Industrialismus,
die im fabrikmäßigen Betrieb der Produktion ihren
schärfsten Ausdruck gefunden hat, raubt dem Menschen