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Demokratie, Republik
und Monarchie.
Soll das Zentrum republikanisch sein? Die Frage
wird oft gestellt, und es hat sich an sie eine ziemlich
leidenschaftliche Erörterung geknüpft. Ich meine, die
Frage wird richtiger so geformt: Warum soll das Zen
trum denn nicht republikanisch sein? Weder seine
christliche Weltanschauung, noch seine politische Grund-
anschauung verbietet es ihm, sich zur Republik zu be
kennen. Republik und Monarchie sind Modalitäten
des nämlichen Staats- und Obrigkeitsbegriffes. Der
Wille Gottes auf Ordnung und Gerechtigkeit muß in
der Staatsform realisiert sein. Das kann in der Re
publik und in der Monarchie geschehen.
Die Obrigkeit ist hier, wie dort: sie ist auch im
demokratischen Staat, der nach dem Begriff der Mehr
heit regiert wird. Das parlamentaristisch-demokratische
System kann auch in Monarchien verwirklicht sein, wie
das Beispiel von England, Belgien und anderen
Staaten beweist. Autorität ist überall, wo der Wille
zur Ordnung und Gerechtigkeit in gesetzlichen Formen
niedergelegt ist. Es ist ein parteiagitatorischer Miß
brauch, der mit dem Wort Stahls: „Autorität, nicht
Majorität", getrieben wird. Das Wort muß verstan
den werden aus der Zeit heraus, für die es geprägt
wurde. Gewiß hat Stahl darunter das entscheidende
Recht der Krone gegenüber der Parlamentsmehrheit
gemeint; es umschließt einen staatsrechtlichen Begriff,
geboren aus der Aktualität der Zeit, die für die Auf-