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liches göttliches und Naturrecht zuzuerkennen. Der
Staat soll und muß verlangen, daß die Allgemein
bildung der Volksschule ein Nationalgut ist, daß jedes
deutsche Kind des Volksschulunterrichts teilhaftig wird.
Die Richtung der religiösen Erziehung aber soll er im
Grundsatz der Familie überlassen. Es ist hier nicht der
Ort, für die besondere und geeignete Technik des Ver
fahrens eines religiösen Schulunterrichts Vorschläge
zu machen; es handelt sich ums Prinzip, darum nämlich,
daß die Demokratie anerkennen muß aus dem Begriff
echter .Toleranz heraus, daß katholische und
evangelische Eltern ein fundamentales Recht haben, zu
verlangen, daß ihre Kinder in der Schule im christ
lichen Glauben, im Glauben der Väter, erzogen
werden. Es kann sich dabei natürlich nicht um eine
Mischmaschreligion handeln, sondern um den Unter
richt in einem von den Religionsgesellschaften erteilten
Religionsunterricht. In Baden besteht die Simultan
schule, aber der konfessionelle Religionsunterricht ist
vollkommen garantiert. Das Recht der Länder auf
Gestaltung des Schulunterrichts — die Forderung des
Föderalismus macht sich auch hier wieder geltend —
muß anerkannt werden, insoweit die Normativbestim
mungen des Reichsgesetzes erfüllt sind.
Ich habe wiederholt das Wort echteToleranz
gebraucht. Echte Toleranz ist nicht „Duldung" im
Sinne „dogmatischer Toleranz", die alle Religions
bekenntnisse für gleich „richtig" hält und damit die
Klarheit religiösen Denkens und Forschens gleicher
weise zunichte macht —, Toleranz ist Bekenntnis
zu der Tatsache, daß der Liberale und Areligiöse weder
ein moralisches, noch ein geschichtlich-objektives Recht
hat, an der Gültigkeit positiv-religiöser Konfessio-
nalität zu zweifeln. Zur Zeit ist die Lage aber immer
noch die, daß hinter dem Satz „Religion ist Privat
sache" die Auffassung steckt, die Religion ist für die
Dummen, die nicht gerade mit . Feuer und Schwert,