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kommen, Bankerott zu machen; sie scheiden bei einer
Berechnung überhaupt aus. Cs ist klar, daß bei
einer so plumpen Statistik und Mathematik, wie sie
der Antisemitismus betreibt, die Juden bei ihrer
minimalen Eesamtzahl in der Bankerottstatistik schlecht
wegkommen müssen, wenn man sie zu den Millionen
in Parallele stellt, die aus ihrer sozial-wirtschaftlichen
Gruppierung heraus einen Bankerott überhaupt nicht
ausführen können. Will man eine gerechte „kon
fessionelle" Vankerott-Statistik aufmachen, so muß man
sagen: Kaufleute gibt es soundsoviel, unter ihnen
stellen Christen und Juden die und die Zahl; unter
dieser Zahl sind soundsoviel Bankerotteure christlicher
und jüdischer Konfession; dann ergibt sich der gerechte
Prozentsatz. Diese Rechnung ist aufgemacht worden
und siehe da: es waren gleichviel Sünder hüben und
drüben.
Nun ist es aber gar nicht richtig, daß die deutsche
Presse „verjudet" wäre. Nicht einmal für Berlin trifft
dies zu. Bon den Provinzen und Ländern ganz zu
schweigen; die jüdischen Journalisten und Verleger
erreichen kaum den ihnen nach ihrer Schichtung zu
stehenden Prozentsatz. Die Mehrzahl aller großen
Blätter in Deutschland ist in n i ch t - jüdischem Besitz.
Doch auch davon abgesehen: Wenn die Juden bei
den Radikalinskis, bei Nihilisten und Materialisten
tätig sind, so sind sie es nicht, weil sie Juden
sind, weil vielmehr diese Stellung und Haltung ihrer
Prinzipalanschauung entspricht, in die sie sich mit Mil
lionen Andersgläubigen teilen. Die jüdische Beteiligung
an den geistigen — oder ungeistigen — Strömungen
und Bestrebungen der Gegenwart erfolgt nach genau
den nämlichen biologischen, psychologischen, allge
mein-menschlichen Gesetzen der Diffe
renzierung, die generell gültig sind.
Es ist tief beschämend für unsere Zeit, daß auch
ihre geistig und moralisch Berufenen nicht durchgängig