Hebephrenie. 145
Ueber die Abgrenzung des katatonischen Stupors von
Koma und Somnolenz vgl. S. 85.
2. Hebephrenie (Jugendirresein).
Innig verwandt mit der Katatonie; Spannungszustände
treten weniger hervor.
Manche Autoren nennen nur Fälle mit ausgesprochenem
Stupor Katatonie, alle übrigen Fälle Hebephrenie. Andere bevor-
zugen die Bezeichnung Katatonie und beschränken den Terminus
Hebephrenie auf den stillen Verlauf zur Verblödung ohne alle
auffallenden psychotischen Symptome. Im Grunde handelt es sich
stets um den gleichen Krankheitsprozess.
Aetiologie: Wie bei Katatonie. Anscheinend ist die Puber-
tätsentwicklung von grösserem Kinfluss.
Beginn um die Zeit der Pubertät. Schleichende Ent-
wicklung geistiger Schwäche entweder ohne auffallende Er-
regung oder zunächst unter dem Bilde hypochondrisch-ängst-
lichen oder läppisch-heiteren oder paranoisch-misstrauischen
Verhaltens. Allmählich Zerfahrenheit, Teilnahmslosigkeit
gegen die Angehörigen, Arbeitsunlust, knabenhafte Dumm-
heiten.
Verlauf: Verlust von Urteilsfähigkeit und Initiative
bei gutem Gedächtnis. Zerfahrenheit in Wort und
Schrift. (S. 81, 83, 93.) Gemütsstumpfheit. Neigung zu
impulsiven Verkehrtheiten. Weniger Manieren, Negativismus,
Stuporerscheinungen als bei Katatonie.
Im einzelnen‘ sehr verschiedenes äusseres Bild, je nachdem
sich die Verblödung still und ohne auffallende psychotische Kr-
scheinungen vollzieht, oder läppische, der Manie ähnliche KEr-
regungen oder neurasthenisch-hypochondrische Verstimmungen, oft
mit Befürchtungen wegen früherer Onanie, episodisch einsetzen
oder der Paranoia ähnliche Zustände mit Beziehungs- und Ver-
folgungswahn, Grössenideen, Sinnestäuschungen sich zeigen: seltener
sind Zwangsvorstellungen im Beginn.
Prognose und Therapie wie bei Katatonie.
Untersuchung auf Hebephrenie.
Status som.: Sind Lichtreaktion und Kniephänomene
normal? Fehlen Sprachstörung und Liquorveränderungen?
Status psych.: Zerflahrenheit (S. 93.) Gemütsstumpf-
heit. Impulsive Verkehrtheiten. (Vgl. auch unter Katatonie.)
Bei der Differentialdiagnose bestehen die gleichen
UVeberlegungen wie bei der nahe verwandten Katatonie, von
der sich die Hebephrenie nicht scharf abgrenzen lässt.
Raecke. Psychiatrische Diagnostik. 5. Aufl.
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