Full text: Grundriss der psychiatrischen Diagnostik

Status somaticus. 
Fehlt ein Perimeter, nehme man zwei weisse Blättchen. 
Das erste, das man mit der eignen Hand vor die eigene Brust 
hält, wird vom Patienten fixiert, das zweite nähert man mit der 
anderen Hand von den verschiedenen Seiten her dem ersten 
Blättchen und lässt angeben, wann es zuerst gesehen wurde. 
Ueber gröbere Defekte und stärkere Einengung erhält man so 
ganz gut Aufschluss. 
Auf Hemianopsie kann man bei benommenen und dementen 
Kranken prüfen, indem man ihrem Gesicht abwechselnd von 
rechts und links die Hand rasch wie zum Schlage nähert und 
darauf achtet, wann gezuckt oder geblinzelt wird. Oder man 
kann abwechselnd von rechts und links dem Kranken etwas 
für ihn Verlockendes hinhalten, z. B. ein belegtes Brötchen. 
Die Gesichtsfeld-Einschränkung kann konzentrisch, 
d. h. nach allen Seiten gleichmässig sein bei Stauungs- 
papille und anschliessender Atrophie (Tumor), bei Arterio- 
sclerosis cerebri (siehe S. 29), seltener bei einfacher Atrophie 
(Tabes, Dementia paralytica) und bei multipler Sklerose. 
Sie kommt vorübergehend vor nach epileptischen Anfällen. 
Ausserdem findet sich eine, oft sehr hochgradige, konzen- 
trische Einschränkung bei Hysterie, aber ohne entsprechende 
Schädigung der Orientierung und ohne, dass der lineare 
Durchmesser des Gesichtsfeldes bei Perimetrieren auf doppelte 
Entfernung entsprechend wächst (röhrenförmiges Gesichtsfeld). 
Es beruht eine solche hysterische Einengung des Gesichts- 
feldes auf psychischen Vorgängen, ist immer vom Grade der Auf- 
merksamkeit und vom guten Willen abhängig und sollte nicht 
als objektives Symptom gelten. Ein Engerwerden des Gesichts- 
feldes während der Untersuchung infolge von Ermüdung findet 
sich mitunter bei Neurasthenie und bei der sogenannten trauma- 
tischen Neurose. 
Als Hemianopsie bezeichnet man den halbseitigen 
Ausfall beider Gesichtsfelder. 
Hier kann es sich nicht wie bei einseitiger Blindheit um 
eine Affektion des Opticus handeln. sondern nur um Erkrankung 
von Chiasma oder Tractus opticus bezw. Sehstrahlung und Ocei- 
pitalhirn. 
Am häufigsten ist die homonyme Hemianopsie: Auf 
beiden Augen fehlt gleichmässig die rechte (oder die linke) 
Hälfte des Gesichtsfeldes: Hemianopsia dextra (oder sinistra). 
Der Kranke sieht überhaupt nicht, was auf der rechten 
(oder linken) Seite vorgeht. 
Dieses Symptom entsteht meist durch Erkrankung eines 
Tractus opticus; und zwar macht Zerstörung des linken Tractus 
opticus, der die Fasern zu den beiden linken Retina-Hälften führt, 
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