Full text: Grundriss der psychiatrischen Diagnostik

Status psychicus. 
kurzen Unterhaltung der Kranke den einen Moment glück- 
lich, den anderen tieltraurig erscheint. Derartige uner- 
wartete Schwankungen (Labilität der Stimmung) sind meist 
Zeichen geistiger Schwäche, z. B. bei Dementia_paralytica. 
Doch beruht das Zwangsweinen und Zwangslachen bei 
manchen organischen. Gehirnprozessen (Mültiple Sklerose, 
Axteriosklerosedes.Gehirns) wohl nicht auf psychischen 
Vorgängen. Länger dauernde, über Stunden und Tage sich 
erstreckende Stimmungsschwankungen finden sich bei Epi- 
leptikern, Hysterikern, Neurasthenischen. Morphinisten, die 
eben noch mürrisch und niedergeschlagen erschienen, werden 
nach Injektion lebhaft und angeregt. Auch bei Zirkulären 
kann sich die Stimmungslage gelegentlich ohne Vorböfen 
wie mit einem Schlage vom Manischen zum Melancholischen 
und umgekehrt verändern. Manisch-Heitere können vor 
Zorn weinen. Seltener werden richtige Mischzustände bei 
Zirkulären beobachtet. Ganz regellos wechselnd ist der 
Affekt bei Verwirrten. (Vgl. S. 86.) 
Bisweilen beobachtet man bei der Katatonie insofern eine 
verkehrte Reaktion auf Reize der Aussenwelt, dass der Kranke 
schon bei blosser Anrede in Lachen oder Weinen ausbricht. Ent- 
sprechen Mienen- und Gebärdespiel überhaupt nicht mehr dem 
herrschenden Affekte, spricht man von Paramimie. Desorien- 
tierte, ratlose Kranke, die, sich selbst überlassen, keinen beson- 
deren Affekt zeigten, brechen mitunter in Tränen aus, wenn man 
sie durch Fragen behelligt (Amentia, Katatonie). 
Neben Stimmungswechsel besteht nicht selten eine er- 
höhte Beeinflussbarkeit, Suggestibilität, so dass man 
beliebig je nach Tonfall und Art der Anrede Lachen oder 
Weinen erzielen, Niedergeschlagene durch ein Scherzwort 
heiter stimmen, Gereizte ablenken und besänftigen kann. 
Diese Beeinflussbarkeit findet sich besonders bei Dementen 
und Hysterischen. - 
2. Motorisches Verhalten (Willenssphäre). 
Zu unterscheiden sind Hemmung und Erregung, die sich 
beide im äusseren Gebahren des Kranken scharf ausprägen. 
a) Hemmung erzeugt Bewegungsarmut. Alle Ver- 
richtungen geschehen langsam und zögernd. Es ist, als ob 
der Willensantrieb gegenüber ‚einem inneren Widerstande 
erlahmte und stecken bliebe. Erst wiederholte, energische 
Aufforderungen werden befolgt. Die dargebotene Hand wird 
mühsam mit den Fingerspitzen berührt. Nadelstiche werden 
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