Full text: Lehrbuch der Psychiatrie

Geistesstörungen bei Arteriosklerose. 377 
atheromatöse Degeneration (JAcoBsomns „schwere Form der Arteriosklerose“ des 
Nervensystems), und es finden sich mehr oder minder ausgedehnte Degenerationen,. 
insbesondere der Pyramidenbahn, 
Als weitere Unterformen der arteriosklerotischen Hirndegeneration, die 
allerdings bis jetzt beide mehr ein anatomisches als klinisches Interesse haben, sind 
ferner von ALZHEIMER beschrieben worden die senile Rindenverödung und die 
perivaskuläre Gliose. — Beide Formen beschränken sich auf umgrenzte 
Windungsgebiete, — Zu der subcortikalen Encephalitis steht die senile Rinden- 
verödung in einem gewissen Gegensatz, insofern als bei letzterer nicht das Mark, 
sondern eben die Rinde Sitz des Krankheitsprozesses ist, der sich um die kurzen, 
aus der Pia in die Rinde eintretenden Gefäße herum abspielt. Typisch für die Er- 
krankung ist die hyalin-arteriosklerotische Entartung der kleinen Hirngefäße und 
der Ausfall des nervösen Gewebes in Form eines mit der Basis der Rindenoberfläche 
aufsitzenden Keiles. Ganglienzellen und Markfasern sind im Bereich des Herds zu- 
grunde gegangen, der ganze Herd besteht aus einem dichten Gliafilz, Die Herde 
liegen oft dicht nebeneinander, gewöhnlich aber nur im Bereich einiger Windungen 
und im Verbreitungsgebiet einer größeren Arterie. Die meist erheblich atrophischen 
Windungen zeigen dem Einsinken dieser Herde entsprechend zahlreiche punktförmige 
Einziehungen, Diese Rindenverödung findet sich vorzugsweise im hohen Alter und 
mit Dementia senilis kompliziert (arteriosklerotische senile Demenz), kommt aber 
auch in früheren Jahren vor. Je nach der Lokalisation der Herde ergeben sich ver* 
schiedene cortikale Herdsymptome. 
Die perivagkuläre Gliose kennzeichnet sich anatomisch durch fleckweisen 
Untergang der nervösen Substanz und herdförmige sehr hochgradige Gliawucherungen 
an den schwer entarteten Gefäßen entlang. Die Herde liegen sowohl im Mark wie 
in der Rinde auf einzelne oder mehrere Windungen beschränkt. 
Die postapoplektische Demenz 
tritt sekundär im Anschluß an einen mehr oder weniger aus- 
gesprochenen apoplektischen Insult ein. In einer großen 
Zahl der Fälle hält sie sich in sehr mäßigen Grenzen, so daß 
die Kranken, nachdem sie sich von dem Insult erholt haben, abgesehen 
von einer Beeinträchtigung der Merkfähigkeit, einer leichten Urteils- 
schwäche und vielleicht einer gewissen Abstumpfung der ethischen 
Gefühle, auf geistigem Gebiet zunächst keine besonderen Ausfalls- 
erscheinungen aufweisen und, soweit dies ihr körperlicher Zustand 
(halbseitige Lähmung, Sprachstörung) erlaubt, sogar ihrem Beruf 
wieder nachgehen können. — In anderen Fällen tritt alsbald oder 
nach wiederholten Insulten ein schwerer Defektzustand ein, 
der sich durch allgemeinere Gedächtnisstörung, Neigung 
zum Fabulieren, Abstumpfung gegen die Vorgänge der Außenwelt, 
mangelhaftes Orientierungsvermögen und oft kindisch- 
läppisches Benehmen kennzeichnet. Dazu kommen von körper- 
lichen Störungen die dem Sitz des Herdes entsprechenden Läh- 
mungserscheinungen im Facialis- und Extremitätengebiet, eine 
Erschwerung und Verlangsamung der Sp rache, allge- 
meiner Tremor, Schwindelanfälle usw. nn 
Der Charakter dieser Formen ist ausgesprochen st ationär, 
sowohl in bezug auf die körperlichen wie auf die geistigen Ausfalls- 
erscheinungen, die nur gelegentlich neuer Insulte sich schubweise 
weiterentwickeln. Zuweilen kommt es auch hier zu vorü bergehen- 
den Erregungszuständen mit Wahnideen, die zu Verwechs- 
lungen mit progressiver Paralyse führen können. x . 
Die Diagnose der arteriosklerotischen Geistesstörungen stützt 
sich in körperlicher Beziehung zunächst auf den Nachweis 
der atheromatösen Gefäßentartung an den peripheri- 
schen Arterien (Rigidität, harter, gespannter Puls), auf den er- 
höhten Blutdruck und die durch Arteriosklerose ‚be- 
dingten entsprechenden Funktionsstörungen der Niere
	        
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