Full text: Lehrbuch der Psychiatrie

Traumatische Psychosen. 
Geistesstörungen bei multipler Sklerose 
kennzeichnen sich teils als geistige Schwäche teils als psy- 
chotische Zustände verschiedenen Charakters. 
Die geistige Schwäche tritt meist erst nach längerem Be- 
stehen der körperlichen Erscheinungen deutlicher hervor, bleibt aber 
im ganzen wenig markant und erreicht, wenn überhaupt, erst 
spät erheblichere Grade. Man muß sich davor hüten, aus 
dem Zwangslachen und der zuweilen ganz unverständlichen Sprache 
auf Demenz zu Schließen. Die Kranken werden bei dieser poly- 
sklerotischen Demenz (SEIFFER) nicht stumpf und interesselos, 
sondern nur gedächtnisschwach und langsam in ihren intellektuellen 
Leistungen. ‚Vielfach besteht dabei eine unmotiviert euphorische, 
nicht selten plötzlich wechselnde Stimmung. 
Die psychotischen Zustände gestalten sich verschieden, 
je nachdem sie mehr dem Initialstadium angehören, also der 
Entwicklung schwererer körperlicher Störungen vorausgehen oder 
erst. spät, im Endstadium der Krankheit hervortreten. Im ersteren 
Falle überwiegen affektive Störungen manischer oder de- 
pressiver Färbung, zuweilen und zwar besonders im Anschluß an 
epileptiforme oder hysteriforme Anfälle, mit Beimischung deliranter 
Episoden. Die manische Erregung trägt bei jüngeren Individuen 
öfters läppische, moriaartige Züge. Die traurige Verstimmung geht 
vielfach mit peinlichen Sensationen und hypochondrischen Deutungen 
einher. — Die in den späteren Stadien auftretenden geistigen 
Anomalien erinnern durch die dabei nicht selten vorhandenen maß- 
losen Größenideen an Dementia paralytica und führen nicht 
selten zu Verwechslungen mit dieser; oft werden sie übrigens bei 
den äußerlich nicht auffälligen Kranken auch wohl ganz übersehen. 
Literatur. 
DANNENBERGER, Zur Lehre von den Geistesstörungen bei der multiplen Sklerose, 
Dissertation. Gießen 1901. 
MüöLLEr, Die multiple Sklerose des Gehirns und Rückenmarkes. Jena 1904. 
Raxzcxg, Psychische Störungen bei der multiplen Sklerose, Arch. f. Psych. Bd. 41. 
SeIFFER, Ueber psychische, insbesondere Intelligenzstörungen bei multipler Sklerose, 
Arch. f. Psych., Bd. 40, 
Traumatische Psychosen. 
Als traumatische Psychosen besprechen wir hier nur die Fälle, 
in denen infolge einer traumatischen Schädigung des 
Schädels und seines Inhalts geistige Störungen zur Entwick- 
lung gelangt sind, 
Die traumatischen Neurosen oder Neuropsychosen haben bereits 
an anderer Stelle (s. das Kapitel „Neurasthenie“ Berücksichtigung 
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Die
	        
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