Der schlesische Handel. 355
vor, die Ostwaren durch Erlaß des Zolls, der ohnehin wenig betrage,
wieder herbeizulocken.
In Schlesien war man sehr schwankend in der Handelspolitik.
Man hatte dort gleichzeitig wie in Brandenburg (1718/19) einen aller—
dings völlig erfolglosen Versuch gemacht, fremde Tuche für den in—
ländischen Gebrauch zu verbieten; trotzdem urteilte man wenig später
über die preußische Politik: „Gleichwie unleugbax, daß der Flor des
Dommoreii größtenteils von einer unbeschränkten Freiheit abhänge, wie
solches England und Holland mit ihrem Exempel zur Genüge veri—
ficieren....; also zeiget auch im Gegenteil das benachbarte Preußen,
daß von etlichen Jahren her, nachdem man daselbst die libertatom
oommerciorum auf allerhand Art zu restringiren und alles auf einen
bloßen Consumo im Lande zu richten angefangen, das ehemals so
lorissante negotium zugrunde gerichtet und fortgejagt worden.“ Später
wieder wird geklagt), daß die hohen Auflagen auf Baumwollwaren,
durch die seit 1718 dieser sehr ansehnliche Handel ganz nach Frankfurt
sich verzogen habe, auch im Zollmandat von 1739 beibehalten worden
seien, weil man in Wien den Verschleiß der inländischen gedruckten
Leinwand gegen jene schützen wollte; jetzt hielt man für zweckmäßiger,
wie im Brandenburgischen das Tragen der Cottons ganz zu verbieten,
anstatt sie hoch zu impostieren.?)
Ungünstiger als mit dem Messehandel stand es mit dem eigent—
lichen kaufmännischen Warenhandel nach auswärts. Großkaufleute gab
es nicht viele, sie hatten auch keine Neigung, sich des neuen Vertriebs
anzunehmen. Wir haben gesehen, daß die Königsberger im Verkehr
mit ihren ostländischen Kunden die einhemmischen Wollenwaren anstatt
der fremden einzuführen nicht vermochten oder auch nicht wollten. Die
Stettiner lehnten ängstlich jedes Risiko ab, sie haben wohl einmal Ver—
suche gemacht mit Probesendungen nach Stockholm und Petersburg
aber da sie schlechten Erfolg hattensie nicht oder doch nicht in nennens—
wertem Maße fortgesetzt. Die meisten Händler waren zu klein, um
außer den Märkten auswärtigen Verkehr zu treiben, zudem waren sie
)) Bericht des schlesischen Commercienkollegs an das Oberamt, 2. Oktober
1720 (Breslau A. A. VIII, 60).
2) In obigem Bericht von 1739.
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