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Dritter Teil.
Es war gleichfalls in den in mancher Hinsicht bedeutsamen letzten
Monaten des Jahres 1722, daß auch der entscheidende Schritt getan wurde,
Ostpreußen für den Debit der Manufakturwaren aus den inneren Pro—
vinzen zu öffnen. Auf Anregung des Generalkommissariats) wurde
verfügt, daß vom 1. Januar 1723 an das Edikt vom 1. Mai 1719
auch für Preußen gültig sein, und demnach für den inländischen Kauf
und Gebrauch nur noch die in Königlichen Landen gemachten Tuche,
Kirsey, Boye, wollene Crepons und Camelots, Sergen, Rasche u. a.
Zeuge, wollene Strümpfe, Hüte und Mützen gestattet sein sollten.)
Solange es mit Anrichtung der nötigen Wollfabriken in Preußen noch
nicht zum Stande gekommen sei, solle den Kaufleuten und Manu—
fakturiers aus den andern Königlichen Landen freistehen, die dort fabri⸗
zierten Waren in Königsberg und den kleinen Städten gegen Produ—
zierung eines glaubwürdigen Attestes einzuführen und selbst oder durch
Faltoren in und außer den Jahrmärkten an In- und Ausländer bei
Ballen, Packen und ganzen Stücken ungehindert zu verkaufen.
Das war ein Einbruch in die Königsberger Niederlagsgerechtsame.
Das Lagerhaus machte auch auf Befehl des Königs damit Ernst und
eröffnete mit einem größeren Posten Waren in Königsberg einen Laden.
Dagegen hatte die entsprechende Aufforderung an die Kaufleute und
Manufakturiers in Kurmark, Pommern, Magdeburg und Kleve nur
geringen Erfolg. In Pommern wollten sich weder die Kaufleute noch
die Manufakturiers zu dieser Handlung verstehen. Sie waren arm an
Mitteln und ängstlich, wollten nichts wagen, ohne eines gewissen De—
bits versichert zu sein, und sich sonst lieber mit bescheidenem Absatz in der
Nähe begnügen. Es wurde vorgeschlagen, daß entweder Kapitalisten
ins Land gezogen würden, oder daß Königsberger Kaufleute durch
Kommissionäre aufkaufen ließen oder feste Bestellungen machten.“)
Es gelang dann wohl einige Stettiner Kaufleute zu veranlassen, wol⸗
9) 5. Oktober 1722, vgl. Aktenstücke.
2) Kgl. Reskript an die preußische Regierung und Kommissariat, 18. Oltober
1722 (Konz. Grumbkow. Gen.-Dir. Ostpr. Tit. 154 Nr. 1). Gegen die im Edilt
vom 1. Mai 1719 aufgezählten Waren sind hinzugefügt Kirsey und Mützen,
dagegen fortgelassen Knöpfe, Mannshandschuhe, Schuhe und Pantoffel. Durch
Patent vom 30. Okt. 1723 wurden auch die halbwoll-halbseidenen Waren verboten.
8) Bericht der pommerschen Kammer 18. März 1723 (Stettin, K.eA., Ver—
debitierung 5).