Preußisch-sächsische Mißhelligkeiten. 465
angewiesen, den zu Messen und Jahrmärkten herüberkommenden preu—
sischen Untertanen die gleichen Benefizien zu versprechen, doch hat das
wohl kaum gezogen. Dagegen wurde im Frühjahr 1718 von Döbeln,
Herzberg, Zwickau u. a. O. berichtet, ein preußischer Emissär be—
mühe sich mit Erfolg, Tuchmacher ins Brandenburgische zu ziehen.
Es wurde alsbald befohlen, derartige Agenten sofort in Haft zu nehmen
(16. April), und dieser Beschluß dem König von Preußen mitgeteilt;i)
man wollte auch die Wollmandate neu einschärfen und die Abwanderung
verhindern. Döbelner Tuchmacher sind damals doch ausgewandert,
wegen der hohen Abgaben, des Mangels an Wolle und geringer
Nahrung;?) sie sind in Gardelegen angesiedelt worden und genossen
hier die von Preußen versprochenen ansehnlichen Beneficien.
Dazu kamen die seit 1718 von Preußen ergriffenen Hochschutz⸗
Maßnahmen, wodurch die Ausfuhr von Wolle, die Einfuhr von
Tuchen, Kupfer- und Messingwaren, Glas, blauer, gestreifter und
bunter Leinwand, gedruckten Tapeten usw. ganz verboten, wollene
und halbwollene Zeuge, ganz- und halbbaumwollene Fabrikate, weiße
deinwand, Kanevas, Parchent, Woll- und Strohhüte und anderes mit
254400/. Akzise belegt wurden. Im Juli 1718 fanden große
Verhandlungen zwischen dem Ministerium und der Kammer in Dresden
über die gegen den wirtschaftlichen Notstand zu ergreifenden Maß—
nahmen statt.) Zwar wurde hierbei vorgebracht, daß die preußische
Vollsperre wenig besage, und daß es ganz auf Milderung der
füchsschen Zölle und Akzisen und auf Wollvorschüsse ankomme, die
geaßten Beschlüsse aber beschäftigten sich vorwiegend mit Abwehr—
maßnahmen gegen Preußen. Es sollten: 1. den von auswärts sich
Niederlassenden gleichfalls 10 jährige Freiheit von Steuern, bürger—
ichen Lasten, Einquartierung u. dgl. versprochen, das Meisterrecht er—
leichtert, die Landakzise nicht mehr als einmal von jeder Ware er—
hohen, Vorschüsse an bedürftige Meister gegeben werden. Dagegen
sollten unangesessene Trafikanten eidlich geloben, ohne Vorbewußt ihrer
dbrigkeit nicht außer Landes zu gehen. 2. Preußische Tuche, Zeuge,
) Schreiben Augusts an Fried. Wilh., Dresden 16. Juni 1718, mit Hin—
weis auf nachbarliche Freundschaft und die Reichskonstitutionen (Dresden loc. 2229).
) Schon 1708 hatten sich viele Tuchmacher wegen der hohen Kammer- und
heneralakzise ins Hannoversche begeben.
) Dresden loe. 2964, Vol. III.
Aela Borussica. Handels-, Foll- und Atrifevolitik II.