Full text: Acta Borussica Die Handels-, Zoll- und Akzisepolitik Preußens 1713-1740. (2,1)

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Vierter Teil. 
Auf wessen Seite der größere Vorteil war, erkennt man auch aus 
dem beiderseitigen Verhalten nach dem Abschluß. In Berlin wurde 
der Traktat umgehend ratifiziert, in Sachsen aber warf das Kammer⸗ 
kollegium Bedenken auf und es bedurfte noch längerer Verhandlungen, 
sowohl in Dresden wie auf der Leipziger Neujahrsmesse,) bis endlich 
unterm 4. April auch die sächsische Ratifikation des Vertrages erfolgte, 
obwohl man dessen Bestimmungen, namentlich die verglichene Moderation 
der Tarife, schon seit Jahresfrist befolgte. Sachsen ist zur Nach— 
giebigkeit in dieser Frage zweifellos mit durch den Umstand bewogen 
worden, daß es auch von der anderen Seite her handelspolitisch be⸗ 
droht war. In den kaiserlichen Landen war der Handel schon seit 
einigen Jahren durch hohe Schutzzölle eingeschränkt worden, im Juni 
1728 aber wurde zu Einfuhrverboten gegen ganz- und halbwollene 
und reiche Zeuge, Leder, Hüte, Strümpfe u. a. übergegangen, Leinwand 
mit 2004, belegt. Sachsen war im August gewillt, Retorsionen zu 
ergreifen; im Oktober kamen Nachrichten, daß die Schlesier wegen der 
hohen Auflagen, des Aufenthalts und der harten Behandlung in den 
jächsischen Zöllen und besonders zu Veipzig statt der hohen Straße 
den Weg über Prag wählten. Das mag Sachsen mitbestimmt haben, 
sich mit dem andern großen Nachbarn zu vertragen; im Frühjahr 1729 
dachte es daran, unter Umständen gemeinsam mit Preußen Retorsions⸗ 
Imposten auf die Durchfuhr nach den kaiserlichen Landen zu legen. 
Aus alledem wurde übrigens nichts: wie auch sonst kam man nicht 
über Erwägungen hinaus und hat sich durch das. Abmahnen der 
Leipziger Kaufleute von energischen Schritten abhalten lassen.?) 
Der preußisch-⸗sächsische Handelsvertrag war im ganzen genommen 
eine bedeutende Leistung. Man muß bedenken, wie vielfältig und hart 
die wirtschastlichen Gegensätze zwischen den beiden Staaten aufeinander 
stießen, wieviel Mißtrauen und Abneigung ein Jahrzehnte währender, 
) In Leipzig verhandelte Cellarius, in Dresden der Geh. Rat Franz 
Moritz v. Viebahn; meist waren es Nebendinge, um die hier noch zäh gerechtet 
wurde (Resolutionen an Viebahn vom 28. Februar 1729. R. 19 n. 103 b V. 
Erst 22. April 1729 wurden in Dresden die Ratifikatlonen ausgewechselt. Der 
bei Loewe, Staatsverträge, abgedruckte Vertrag ist durch diese nachträglichen Ver⸗ 
handlungen an mehreren Stellen, wenn auch unwesentlich verändert worden. 
2 Akten bis September 1730 in Dresden St.⸗A. loc. 30375.
	        
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