Full text: Acta Borussica Die Handels-, Zoll- und Akzisepolitik Preußens 1713-1740. (2,1)

Stettiner Salz-, Wolle-, Kornhandel. 571 
ein schwacher Trost. Sie mußten es jetzt auch dulden, daß fremden 
Manufakturiers bei der Niederlassung in Stettin das Bürgerrecht un— 
entgeltlich zugesichert und daß es alsbald einem Franzosen de La Mare 
nebst der Handelskonzession, ohne daß es die Kaufmannsgilde hindern 
ollte, verliehen wurde. Auch dies kündete eine neue Zeit an, die 
iber keineswegs dem alten Zunftgeschmack entsprach. Schon bald hatte 
auch Stettin eine französische Kolonie. 
Die Stettiner sahen sich ferner in ihrer vornehmsten Ausfuhr— 
ware, dem Korn, wovon jährlich einige 1000 Lasten nach Holland, 
Schweden und andere Orte gingen, benachteiligt; so sei 1719 fast alles 
dorn aus Pommern nach der Mark aufgekauft und ausgesührt worden. 
herlin und die brandenburgischen Städte mit ihren vielen Manufakturen 
bedurften eben schon der Zufuhr von Viktualien, und so machte sich 
die nunmehrige nähere Gemeinschaft mit dem südlichen Nachbarlande 
für Stettin in diesem Betracht nicht als Vorteil bemerkbar. 
Auch Kolberg klagte nach dem Verbot der Einfuhr von französischem 
und spanischem Salz gewaltig,i) daß dadurch die Verbindung mit 
Frankreich ganz und mit Holland meistenteils verloren gehe, da das 
ührige die Frachten nicht lohne. Daher werde schon mit Verkauf 
der bisher gebrauchten Schiffe begonnen, die Polen, die ehemals zu 
200 Wagen stark kamen, wendeten sich jetzt mit der Zufuhr nach 
Danzig, und es kämen in 8 Tagen öfters nicht zwei Wagen zur Stadt, 
wodurch ihnen auch die anderen Seewaren, Wein, Gewürz, Eisen, 
hering, auf dem Lager blieben. Der Wollhandel zessiere, weil die 
Manufakturen jetzt den Vorkauf hätten, der Kornhandel vom Lande 
i ihnen benommen, weil der König 1719 alles für das Magazin 
vorgekauft habe. Nur die Wiederherstellung eines freien Kommer— 
ziums könne helfen, denn der Handel lasse sich nicht zwingen. 
Die Stettiner glaubten auch in einer anderen Hinsicht von Berlin 
her bedroht zu sein sie geben an, seit 1715 hätten verschiedene Parti— 
luliers aus Berlin und anderen Orten sie in ihrer Niederlage zu 
uurbieren gesucht. Zwar wurde ein Berliner Kaufmann Woytke mit 
ainer Bitte, seine aus Kur⸗- und Livland kommenden Waren Stettin 
vorbeiführen zu dürfen, abgewiesen, und der Stadt versichert, daß sie 
1) 9. Juni und 3. Juli 1720 (Stettin, Kolbg. Seglerhaus D 16).
	        
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