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Fünfter Teil.
Von der großen österreichisch-preußischen Sozietätshandlung ist
also hier keine Rede mehr, denn abgesehen davon, daß dazu erst eine
Einigung der preußischen Kaufleute nötig gewesen wäre, hatte sie auch
in Schlesien entschiedenste Ablehnung erfahren.) Die Schlesier be—
fürchteten vor allem, daß ihr starker Leinwand- und anderer Export⸗
handel, den sie als Privatbesitz sorglich hüteten, dann den Preußen mit
zufallen könne, daß diese in ihre Geschäftsgeheimnisse eindringen, da—
gegen ihnen selbst mit ihrem unvergleichlich geringeren Handel keine
sonderlichen Gegenvorteile bieten könnten. Denn den Elbhandel hatten die
Schlesier schon und zum Oder- und Ostseehandel hatten sie wenig Lust.
Für den Anschluß der übrigen kaiserlichen Lande aber war Vor—
bedingung, daß eine Wasserverbindung zwischen Oder und Donau ge—
schaffen wurde; der Plan, diese durch eine Verbindung der March und
der Oder herzustellen, wurde in Wien wiederholt erwogen,?) aber er
scheiterte immer an der Kostenfrage. Der Sozietätsplan ist in Wien
doch nicht ohne Eindruck geblieben, der Kaiser befahl noch Ende 1739
Beratungen darüber anzustellen.8)
Der preußische Konkurrent war durchaus nicht so gering, wie es
damals von schlesischer Seite dargestellt wurde, vor allem die russische
Kompagnie erwies sich als eine äußerst gefährliche Feindin. Sie hatte
im September 1726 das Stettiner Bürgerrecht) und damit freien
Handel über Stettin erhalten; sie riß allmählich den ganzen Handel
mit Juchten nicht nur nach Schlesien, sondern auch den öästerreichischen
Erblanden an sich,s) da sie große Posten von Juchten gegen die
Tuchlieferungen für die russische Armee übernehmen mußte und sie
um 10— 150/, wohlfeiler als die Holländer, Hamburger oder Danziger
liefern konnte. Sie richtete auch einen bedeutenden Rückhandel aus
Schlesien mit Kupfer, Sensen, Röte, Leinwand ein; die schlesischen
Kaufleute aber verloren ihren aroßen Barattohandel mit Moskau, ob⸗
1) Febr. 1728, Altenstück 82. Vgl. Hartmann S. 56—61, Wutle, Oder—
schiffahrt S. 302 f.
) Hartmann S. 60, 62.
3) Wutke S. 316f.
Ihre Waren wollten dennoch in Wolgast nicht als Stettiuer Bürgergut
behandelt werden, daher wurde der pommerschen Regierung 2. Dez. 1726 auf⸗
getragen, deshalb nachdrückliche Instanz bei der Stralsunder Regierung zu tun
(Gen.⸗Dir. Pommern, Commerc.-S. 3 a).
2) Vgl. Zeitschr. f. Preuß. Gesch. XX, S. 29, und oben S. 364 .
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