Full text: Acta Borussica Die Handels-, Zoll- und Akzisepolitik Preußens 1713-1740. (2,1)

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Sechster Teil. 
schifften Saat einen überlegenen Konkurrenten hatte.) Die Kaufleute 
von Insterburg, Tilsit und Memel hatten den Aufkauf des in diesen 
Gegenden erzeugten Leinsamens in Händen; was über Königsberg aus— 
geschifft wurde, mußte noch durch die zweite Hand der dortigen Kauf— 
leute gehen. Das ergab immer wieder Streitigkeiten, indem ein Teil 
dem andern Verfälschung, Übervorteilung oder unzulässigen Handel 
vorwarf. Die preußische Regierung ließ darüber 1716/17 längere Er⸗ 
hebungen anstellen.)) In der Tat war der preußische Leinsaathandel, 
der zum Teil in die Leinwandländchen Ravensberg und Minden ging, 
durch Verfälschungen in Abgang geraten, obwohl viele Kaufleute in 
Hamburg, Bremen, Emden gern von Königsberg statt von Riga be— 
zogen hatten, weil die dortige Saat, wenn gut gereinigt, ebenso gut, 
aber die Tonne um 2 Tlr. wohlfeiler war. Es wurde den vornehm⸗ 
lich beschuldigten Einwohnern des Tilsiter Amts bei harter Geldstrafe 
das Mengen und Verfälschen der Saat verboten.?) 
Der Handel ist danach wieder in die Höhe gegangen, aber nach 
wenigen Jahren richtete die preußische Saat in Westfalen wieder ein⸗ 
mal großen Schaden und Ärgernis an, weil sie mit Unkraut vermischt 
war. Die Stadt Tilsit bestellte darauf einen geschworenen Bracker, der 
nur auf untadelhafte Tonnen den Stadtbrand setzen sollte, und es 
wurde nun darauf gehalten, daß die Landleute nur auf öffentlichem 
Markte verkauften, da an den Verfälschungen Zwischenkäufer die Schuld 
trugen.) Es wurde ferner aus Anlaß eines Einzelfalles durch ein 
vom Kommerzienkolleg entworfenes Patent strengstens verboten, daß 
Bauern oder Zwischenkäufer (die sog. Kupscheler) Saat an sich kauftem 
durcheinander mengten und dann in Tilsit oder Memel verhandelten, 
sondern die Bauern sollten nur selbstgewonnenes Gut zur Stadt 
führen.s) Doch berichtet das Lizentkolleg 24. Januar 1728 schon 
i) Die gute Säesaat kam nur von Samaiten nach Tilsit und Memel, in 
Preußen und Ermland wurde trotz aller Versuche nur die zur Olbereitung ver⸗ 
wendbare Schlagsaat erzielt (Kommerz.-Kolleg., 7. Febr. 28. Gen.-Dir. Ostpr. 86, 1). 
2) Kbg. 20f. 
5) Restript an die Litau. Kammer, 14. Oktober 1717 (Konz. v. Creutz) auf 
Immediatvorsiellung des George Schomaker v. 2. Ott. (Hofkammer Preußen 26, 6). 
) Oltober bis Dezember 1720 (Ebda). 9. November wurde der Vorschlag 
des lit. Faltors Rieger genehmigt, daß auch in Gumbinnen Bracke und Tonnen⸗ 
brand eingeführt werde (Ostpr. 86, 1). 
5) Gedr. Patent, Berlin 10. März 1722 (ggz. Grumblow).
	        
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