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Sechster Teil.
sein, daß die Sache bereits auf ein gefährliches Gebiet gespielt war,
denn man wußte, daß es für das Königsberger Niederlagsrecht tat—
sächlich keine Dokumente gab. Was sonst über die Praxis der Königs-
berger Niederlage damals herauskam, verstärkt nur den Eindruck, daß
es sich hier um ein formloses Herkommen und nicht mehr handelt.
Indessen wurde das neue Patent streng gehandhabt. Nachdem
es den Erfolg gehabt, daß im Winter viel mehr russische Waren wie
vorher nach Königsberg kamen, schlug das Lizentdirektorium vor,) es
auf die von Danzig mit Retourwaren zurückkommenden Ostländer
auszudehnen, damit diese, den Zoll zu vermeiden, künftig in Königs—
berg einkauften. Ja es wurde litauischen Juden, die über Goldap
und andere Grenzorte nach Preußen kamen und zur Frankfurter Messe
reisten, angekündigt, daß sie statt über Bartenstein und Danzig den
großen Umweg über Königsberg machen müßten. Von Berlin aus
wurde zwar zuerst befohlen,?) die zur Frankfurter Messe reisenden
Juden ungehindert passieren zu lassen; als aber die preußische Kammer
aufmerksam machte, daß dann alle nach Danzig, Elbing und Brauns—
berg reisenden vorgeben würden, sie gingen nach Frankfurt, ließ man
es dabei, daß die zur Messe fahrenden Litauer in Königsberg dem
unmäßigen Stapelzwang Genüge leisten mußten. Es war noch eine
Gunst, daß die Fremden nicht genötigt werden sollten, die üblichen
3 Wochen feilzuhalten, sondern daß ihnen erlaubt wurde, wenn sie
ihre Waren nicht innerhalb 14 Tagen an Königsberger Bürger ver—
kaufen könnten, solche an dortige Lieger oder Schutzjuden zu verlosen
und von denen wieder zurückzukaufen; wenn sie auch an diese sie nicht
los wurden, sollten sie die unverkauften Waren zurück- oder weiter⸗
fahren können, und zwar, wenn auf der Achse, zoll- und akzisefrei,
wenn zu Wasser nach Danzig, gegen das geordnete Stromgeld.s) Von
einem Besuch der Frankfurter Messe konnte aber für Ostländer,. die
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i) 17. Mai 1730 (Gen.Dir. Ostpr. 22, 19.
2) Messebericht Hilles 6. Dez. 1729, Reskript an preuß. Kammer 18. Febr.
1730 (Konz. A. S. B. Viebahn, Gen.-Dir Osipr. 22 Nr. 20 I)).
m) Resolution an die preuß. Kammer, 31. März 1730 (Konz. Grumblow.
Ebda. 19), auf Kammerbericht v. 23. März. Reskript an Hille, Berl. 6. April
1730 (Konz. A. S. B. Grumbkow. Ebda. 20 1). Die Juden klagten auch, daß in
Preußen das Judengeleit von ihnen doppelt gefordert werde, die Kammer wußte
Nichts davon.