Full text: Dialogform und Argument

Meiner Frau Birgit in Dankbarkeit 
Einleitung 
Vor rund zweihundert Jahren haben Carl Morgenstern und Fried- 
rich Schleiermacher die Rezeption der ‘Politeia’ in neue Bahnen 
gelenkt.? Gegenüber einer Tradition, die diesen Dialog vorwiegend 
als politische Schrift gelesen hatte,* betonten Morgenstern und 
Schleiermacher einerseits die thematische Vielfalt der ‘Politeia’, 
andererseits die zentrale Stellung, die in ihr die Ethik einnehme.“* 
Schleiermachers Wertung, die “‘Politeia’” sei Platons ethisches 
Hauptwerk, führte nicht nur dazu, daß zuvor wenig beachtete 
Aspekte des Textes in das Blickfeld der Interpreten rückten, son- 
dern bewirkte auch ein wachsendes und seitdem beständig gestie- 
genes Interesse an diesem platonischen Dialog.° 
1 Der vorliegenden Monographie liegt ein Teil meiner Habilitationsschrift zu- 
grunde, die im Sommersemester 1996 von der Philosophischen Fakultät IV 
(Sprach- und Literaturwissenschaften) der Universität Regensburg angenommen 
wurde. Entstanden ist sie als Beiprodukt der Arbeit an Übersetzung und 
Kommentar zu “‘Politeia’ VIH-X, die im Rahmen der Reihe ‚Platon: Werke. 
Übersetzung und Kommentar. Im Auftrag der Kommission für Klassische 
Philologie der Akademie der Wissenschaften und der Literatur herausgegeben 
von Ernst Heitsch und Carl Werner Müller‘ erscheinen wird. — Der Deutschen 
Forschungsgemeinschaft danke ich für die Gewährung eines Habilitanden- 
stipendiums. 
? Morgenstem [1794] (dazu Neschke-Hentschke [1990]); Schleiermacher 
[1804/10] in seiner Einleitung in das Gesamtwerk (in der Fassung der 3. Auf- 
lage = Schleiermacher [1855/62] 5-36 wiederabgedruckt in: *Das Platonbild 
[1969]). — Die Literaturangaben sind unten S.289ff. aufgelöst. Ein Sternchen 
kennzeichnet Sammelbände, die unter ihrem Titel zitiert werden. 
3 Dazu Neschke-Hentschke, Vorwort zu Zimbrich [1994], IX-XIV. 
1 Morgenstern und Schleiermacher lenkten den Blick darauf, daß in der 
“Politeia’ eine Fülle von Themen (politischer, pädagogischer, literaturkritischer, 
psychologischer, erkenntnistheoretischer und ontologischer Provenienz, um nur 
einige zu nennen) behandelt werde, die um die platonische Ethik herum an- 
geordnet seien. Die Staatskonzeption war für Morgenstern das Hauptthema 
unter den Nebenthemen des Dialogs. 
5 Für den deutschsprachigen Raum und die Jahre 1800-1970 läßt sich dies an 
Zimbrichs Spezialbibliographie (= Zimbrich [1994]) gut ablesen: Zimbrich ver- 
zeichnet für die Jahre 1800-1820 gut 30 Publikationen zur ‘Politeia’; bereits in
	        
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