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ders gegen die politische Stellung des Papsttums richtet und in
ihrer durch sprichwörtliche Wendungen gewürzten Sprache ganz den
Ton der Vielfeldischen Redeweise zeigt. Auf gut Wittenbergisch
macht sich der Patriotismus des Verfassers Luft, wenn er auf das
Verhalten der Päpste zum deutschen Kaisertum zu sprechen kommt,
indem er den Papst einen elenden stinkenden Madensack nennt. ‚Wann
doch ein recht grundtteutsch hertz diese stinckende schmach recht
betracht, solt es schier von grimmigkeyt in ihm selbst zerspringen,
das sich die frommen Teutschen Keyser so haben effen lassen, eim
ellenden, barmhertzigen, stinckenden vnd gottlosen menschen die füsz
züküssen. Ich glaub, wann es nit so leckerlich wer, sie hetten dem
bapst auch müssen das*facenetle küssen, aber neyn, man beüt nit
eim jeglichen lecker solche schleck.‘‘ Zuletzt wird die Polemik zur
Prophezeiung, die Darstellung der Pfaffenpraktiken zur „Praclica®s
die den nahen Sturz des Papismus weissagt, und hier citiert Viel-
feld ausser der bereits oben erwähnten Prophezeiung der heiligen
Hildegard (nach Osiander) die Praktik eines “sonst unbekannten")
Albrecht Leicheysen aus Erfurt, der vor langer Zeit auf das Jahr 1528
das Aufkommen einer neuen Gewalt angesetzt hatte, die besonders
in den alten freien Städten ihren Sitz haben sollte: kein Zweifel,
dass unter der neuen Gewalt das ‚Wort Gottes‘ zu verstehen ist.
Vorauf geht (A 2—B 3) eine historische Skizze über den Ur-
sprung des Papsttums mit der ausgesprochenen Absicht, nachzuweisen,
„dass alles, was der Bapst inhalt, nichts anders ist dann ein Raup
vom Keysserthumb‘“, — dieselbe Tendenz und zum Teil auch der-
selbe Inhalt (wörtlich) wie im zweiten Abschnitt der "Treuen War-
nung; ein blan (A 4a) zeugt darin für Vielfeld.
Das Jahr der Abfassung lässt sich nicht feststellen. Woraus
Goedeke die Datierung nach 1535 (Gengenbach 5. 610) oder Weller
gar Hagenau 1528 (Die falschen und fingierten Druckorte* I 2)
ableitet, ist mir unbekannt.
Es bleiben vier Gedichte übrig, die unter Vielfelds polemischen
Schriften die bekanntesten sind: *) alle vier in dramatischer Form,
durch wiederholtes „blan‘‘ als Vielfelds Eigentum gekennzeichnet;
auch der Zeit. nach gehören sie nahe zusammen. ÖObwol nur von
zweien die Vorlage erhalten oder bekannt ist, so sind nach "Titel,
Analogie und inneren Anzeichen auch der Combiszt und der Bile-
amsesel als Bearbeitungen älterer Stücke anzusehen,
Der alt vnd new Bruder Nolhard (No, 32, Gengenbach 5. 463 fo).
Vor dem Nolhard hatte Gengenbach bereits zwei andere Fast-
nachtspiele gedichtet. In beiden werden dem Zuschauer verschiedene
Menschenklassen in ihren Fehlern vorgeführt, ein iudex, der straft,
ermahnt oder spottet: also ganz traditionelle Motive des alten Fast-
nachtspieles, In den X Altern sind es die Altersstufen in ihren
1) Das Citat bei Wolf (Leet. memorab. I 676) ist nur eine Ueber-
setzung dieser Stelle der Praetica,
2) Drei davon sind.in Goedekes Gengenbach gedruckt, wonach eitiert ist.