Full text: "Nur deshalb sind dem Tode wir entronnen, damit wir an dem Frieden bau'n"

Wir werden helfen, die Verantwortlichen für Euren Tod zu finden, und wir 
werden unsere ganze Kraft dafür einsetzen, daß der Ungeist aus unserem 
Volk ausgerottet wird, der Euch erbarmungslos geopfert hat. Mit aller 
Leidenschaftlichkeit wollen wir eine Welt bauen helfen, in der Euer Elend 
sich nicht wiederholen kann! 
KINDERWEIHNACHT IM KZ 
Von Ilse Hunger 
Weihnachten 1944. Die feste Hoffnung, zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in 
Ravensbrück zu sein, war zunichte geworden. Es wuchs die Hoffnungs 
losigkeit, die Verzweiflung; dieses Leben war nicht mehr lange auszuhalten. 
Man konnte sich nicht mehr aufraffen, um, wie in den Jahren vorher, ein 
ander kleine Geschenke anzufertigen. 
In diesem Augenblick entstand ein Gedanke, der uns aus drohender Gleich 
gültigkeit aufrüttelte, der das ganze Lager ergriff und uns für viele Wochen 
aus der seelischen Not befreite.- 
Wir werden unseren Lagerkindern ein Weihnachtsfest bereiten! 
Gertrud, Hilde, Mizzi, Anni, Paula und ihr alle, wißt ihr noch, wie wir auf 
jedem Block unsere lieben schönen Advents- und Weihnachtslieder sangen 
und dabei alle Frauen baten, mitzuhelfen bei einer Weihnachfsbescherung 
für alle Kinder im Lager? Wie sie alle sofort bereit waren und Pläne 
schmiedeten, wie sie sogleich uns ein Stück Brot, ihren halben eben 
erhaltenen Käse der Sonntagsration geben wollten? 
Wir wurden, aktiv, das ganze Lager wurde aktiv, erwachte aus seiner 
Stumpfheit und begann heimlich zu arbeiten, aber nicht für die SS, sondern 
für unsere Lagerkinder. In jedem Block saßen die Frauen und nähten, 
strickten, stickten, stopften und bastelten aus kleinsten Resten und Abfällen 
die schönsten Kinderfreuden. Es häuften sich körbeweise die Geschenke, 
es entstanden reizende Kostbarkeiten und wirkliche Kunstwerke: Spiele, 
Bälle, Puppen, Pullover, Kleider und Anzüge. Behutsam nahmen wir alles 
in unsere Hände und schluckten die Tränen hinunter. 
Aber als ganz besondere Überraschung und Freude für die Kinder dachten 
wir uns ein Kasperletheater aus. Wir wollten einmal unsere Kinder lachen 
machen. Toni dichtete ein Spiel mit Prinz und Prinzessin, mit Räuber und 
Zauberer, mit einem bösen Drachen. Unsere Künstler Flora und Maryna 
formten aus Wachs Puppenköpfe. Jeder schaffte Stoffe und Reste heran, 
und es entstanden Wunderwerke, die uns selber entzückten. Es wurden 
Kulissen gemalt, ein prächtiges Schloß, Proben wurden veranstaltet. Ach, 
wißt ihr noch unter welchen Schwierigkeiten? In einem Lager, in dem nichts 
erlaubt war? 
Wir lebten neu auf, das ganze Lager lebte x neu auf, schöpfte aus diesem 
Tun neue Hoffnung, vereint in dieser Kinderhilfsaktion. Wir sammelten 
Eßwaren, Leckereien aus Paketen, Äpfel, Gebäck, Brot, Marmelade, viele 
gaben, nein, alle gaben! 
Wir erreichten von der Lagerführung die Erlaubnis für das Kasperlespiel, 
aber man verbot uns die Verteilung der Geschenke, nachdem man gesehen, 
welch reizende Sachen gearbeitet worden waren. Aber wir hatten ja fast 
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