Und dcr alte Herr saß im Lehnstuhl und harte ihr aufmerksam zu. —
Eines Tages, als sie eben mit Erzählen fertig war, sagte sie: „Ich habe dir
nun schon so viele hübsche Märchen erzählt; ich glaube, du vergißt sie immer
wieder. Kannst du sie nicht aufschreiben?"
„O ja," antwortete der alte Herr, „aufschreiben könnte ich sie schon,
wenigstens so einigermaßen und freilich bei weitem nicht so hübsch, als du sie
erzählst; aber es darf niemand wissen, woher ich sie weiß, und besonders nicht,
daß du in dem alten Koffer steckst. Denn ich muß dich ganz allein haben. Sonst
kommen gleich alle Leute und wollen dich besehen, und tapsen dich mit ihren
ungeschickten Fingern an. Der Samt am Kasten würde auch bald schlecht
werden."
„Nein, um Gottes willen!" entgegnete die kleine Märchenprinzessin. „Aber
wundern würden sich die Leute doch, wenn sie wüßten, wer in dem alten
Koffer steckt." Und dann lachte sie.
„Still!" sagte auf einmal der alte Herr, „es klopft jemand an die Türe.
Kriech rasch wieder in den Kasten." Sodann trug er eilig den Kasten in den
Koffer. Schnapp! schlug der Deckel mit Seehundsfell zu, und als das Dienst
mädchen — denn sie war es — hereinkam und den Tee brachte, stand der alte
Koffer wieder ganz mürrisch und struppig unter dem Spiegel. AIS sie an ihm
vorbeiging gab sie ihm heimlich, und ohne daß eS der alte Herr merkte, einen
Fußtritt und murmelte: „Alter garstiger Koffer, gestern hast du mir beinahe
den Finger abgeklemmt!" —
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