Full text: Träumereien an französischen Kaminen: Märchen

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„Majestät," antwortete der Minister, „daö ist ein sublimer Gedanke; ein Ge 
danke, der gewiß auch mir ganz untertänigst aufgestiegen wäre, wenn ich nicht gefühlt 
hatte, daß ihn Ew. Majestät jedenfalls heute selbst noch zu äußern geruhen würden!" 
„Schön! 7 erwiderte der König, „aber glaubst du, daß ich so leicht eine Frau 
finden werde, die für mich paßt?" 
„Pah!" sagte der Minister. „Zehn für eine!" 
„Vergiß nicht, daß ich große Ansprüche mache. Wenn mir eine Prinzessin 
gefallen soll, muß sie klug und schön sein! Und dann ist noch ein Punkt, auf 
den ich ganz besonderes Gewicht lege: du weißt, wie gern ich Pfeffernüsse esse. 
In meinem ganzen Reiche ist kein einziger Mensch, der sie zu backen versteht, 
wenigstens richtig zu backen, nicht zu hart und nicht zu weich, sondern gerade 
knusprig: sic muß durchaus Pfeffernüsse backen können!" 
Ais der Minister dies hörte, bekain er einen heftigen Schreck. Doch sammelte 
er sich rasch wieder und entgegnete: „Ein König wie Ew. Majestät werden ohne 
Zweifel auch eine Prinzessin finden, die Pfeffernüsse zu backen versteht." 
„Run, dann wollen wir uns zusammen umsehen!" versetzte der König; und 
»och an demselben Tage begann er in Begleitung deö Ministers die Rundreise 
zu denjenigen seiner verschiedenen Nachbarn, von denen er wußte, daß sie Prin 
zessinnen zu vergeben hatten. Aber es fanden sich nur drei Prinzessinnen, die 
gleichzeitig so schön und klug waren, daß sie dem Könige gefielen, und von 
diesen konnte keine Pfeffernüsse backen. 
„Pfeffernüsse kann ich freilich nicht backen," sagte die erste Prinzessin, als der 
König sie danach fragte, „aber hübsche, kleine Mandelkuchen. Bist du damit nicht 
zufrieden?" „Nein!" erwiderte der König, „es müssen partout Pfeffernüsse sein!" 
Die zweite Prinzessin, als er die nämliche Frage an sie richtete, schnalzte 
mit der Zunge und sagte ärgerlich: „Laßt mich mit euren Albernheiten zufrieden! 
Prinzessinnen, welche Pfeffernüsse backen können, gibt cs nicht." 
Am schlimmsten ging es aber dein König bei der dritten, obwohl sie die 
schönste und klügste war. Denn sie ließ ihn gar nicht bis zu seiner Frage kommen,
	        
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