Full text: Träumereien an französischen Kaminen: Märchen

43 
Darauf antwortete er, er wolle sich alle Mühe geben, es zu werden; sie 
möge nur auf ihn warten, er käme gewiß wieder. 
Er ging also zu einem Glaser und fragte ihn, ob er nicht einen Glaser- 
jungen gebrauchen könne. „Jawohl," erwiderte dieser, „aber du mußt vier 
Jahre bei mir lernen. Im ersten Jahre lernst du die Semmeln vom Bäcker holen 
und die Kinder waschen, kämmen und anziehen. Jin zweiten lernst du die Ritzen 
tiut Kitt verschmieren, im dritten Glas schneiden und einsetzen und im vierten 
wirst du Meister." 
Darauf fragte er den Glaser, ob er nicht von hinten anfangen könne, weil 
es dann doch schneller ginge. Indes der Glaser bedeutete ihn, daß ein ordent 
licher Glaser immer von vorn ansangen müsse, sonst würde nichts gescheites daraus. 
Damit gab er sich zufrieden. Im ersten Jahre holte er also die Semmeln 
vom Backer, wusch und kämmte die Kinder und zog sie an. Im zweiten ver 
schmierte er die Ritzen mit Kitt, im dritten lernte er Glas schneiden und ein 
setzen und im vierten Jahre wurde er Meister. Darauf zog er sich wieder seine Edcl- 
mannsklcidcr an, nahm Abschied von seinem Lchrhcrrn und überlegte sich, uhV 
er es anfinge, um nun auch noch König zu werden. 
Wahrend er so auf der Straße, ganz in Gedanken versunken einherging und 
aufs Pflaster sah, trat ein Mann an ihn heran und fragte, ob er etwas verloren 
habe, daß er immer so aus die Erde sahe. Da erwiderte er: verloren habe er 
zwar nichts, aber suchen täte er doch etwas, nämlich ein Königreich; und fragte 
ihn, ob er nicht wisse, was er zu beginnen habe, um König zu werden. 
„Wenn bu ein Glaser warst," sagte der Mann, „wüßte ich schon Rat." 
„Ich bin ja gerade ein Glaser!", antwortete er, „und eben fertig geworden!" 
Als er dies gesagt, erzählte ihm der Mann die Geschichte- von den drei 
Schwestern mit den gläsernen Herzen, und wie der alte König durchaus seine 
Tochter nur einem Glaser vermählen wolle. „Anfangs," so sprach er, „war noch 
die Bedingung, daß der Glaser, der sie bekäme, auch noch ein König oder ein 
Königsohn sein müsse; weil sich aber keiner finden will, der alles beides ist,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.