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Wie sich der Christoph und das Bärbel
immer aneinander vorbeigewünscht haben.
^T^as »mg nun schon geraume Zeit her sein, daß einmal der liebe Gott —
wie er eS oft zu tun pflegt — sagte: „Du, Gabriel, mach einmal die Luke
auf und guck runter! Ich glaube, es weint was!" Der Gabriel tat, wie ihm der
liebe Gott befohlen, hielt sich die Hand vor die Augen, wcil's blendete, sah überall
umher und sagte endlich: „Da unten ist eine lange grüne Wiese; an dem einen
Ende sitzt daS Bärbel und hütet die Ganse, und am andern der Christoph und hütet
die Schweine, und weinen tun sie alle beide, daß einem das Herz im Leibe weh tut."
„So?" sagte der liebe Gott; „geh weg, Langer*), damit ich selbst zusehen kann."
Wie er nun selbst zugesehen hat, fand er es gerade so, wie cs der Gabriel gesagt.
Daß aber der Christoph und das Bärbel beide so kläglich weinten, hat sich
so zugetragen: Der Christoph cmd daö Bärbel hatten sich beide sehr lieb; denn
einö hütete die Ganse, daö andre die Schweine, und sie paßten also gut zu
sammen, weil nämlich der Stand kein Hindernis machte. Sie nahmen sich denn
oor, sic wollten sich heiraten, und meinten, dazu war's gerade genug, daß sie sich
so lieb hatten. Aber die Herrschaft war andrer Meinung. So mußten sie sich
denn mit dem Brautstande zufrieden geben. Weil aber Ordnung zu allen Dinge»
st Daß der Engel Gabriel sehr lang ist, weiß jeder.