30
wurde er mit den Worten abgewiesen: „Ach was, für Sie haben
diese Lappen keinen Wert mehr, wir können sie noch sehr gut
gebrauchen."
Im Lause des November und Dezember wurden dann auch
die im obersten Stockwerk nach dem Lustgarten zu gelegenen Livree
kammern ausgeplündert. Dort wurde allmählich alles gestohlen
bis auf die Galauniformen des Dienstpersonals. Durch die reiche
Silbersiicksrei und den Trefsenbefah, der fast den ganzen Stoff der
Röcke bedeckt, waren sie für die Diebe nicht zu gebrauchen. Das
Abtrennen hätte ihnen zuviel Zeit gekostet und zu große Mühe
gemacht. Von den weniger bestickten Uniformen der Kofbeamten
hatte man die Schöße und sonst brauchbaren Stücke abgerissen und
die Uniformen in wüstem Durcheinander aus die Erde geworfen
und war dann mit den schweren Stiefeln daraus herumgetreten.
Sämtliche Schränke fand der Aufseher der Livreekammer, als er
sie am 2. Januar seit dem 14. November zum ersten Male wieder
betreten durfte, erbrochen vor, alle Koffer waren herausgerissen und
geöffnet, die Einsähe umhergeworfen. Nachweislich stad an Be
kleidungsstücken gestohlen worden: Noch unverarbeitete Stosse und
Futtersachen im Anschafsungswerte von 50 000 Mark, 250—300 fertige
schwarze Beinkleider, 40 Paar rote Plüschhosen, 50 Paar schwarz
seidene und ebensoviel Samthosen für die Mitglieder des Domchors,
etwa 150 blaue Schiffs-und ebensooiele Jagdanzüge, ein Biberpelz
mit Otterkragen, ein Jagdpelz, etwa 50 Pelerinen-, 100 Fahr- und
60 Regenmäntel, 40 Paar hohe Lederstiesel, 500 Paar Lackschuhe
für Lohndiener, 1500 Paar rote baumwollene Strümpfe für Gala
uniform, 500 bis 600 Paar weißbaumwollene Kandschuhs und das
ganze Nähmaterial. Um in die Räume der Livreekammer zu ge
langen, hatten die Diebe die Türfüllungen eingeschlagen und waren
dann durch die Oessnungen hindurchgekrochen. Die Türen wurden
immer wieder hergestellt, ohne daß dadurch den Räubereien Einhalt
geboten werden konnte. Bezeichnend ist, daß auch Mannschaften
der von der Matrosendioision selbst ins Leben gerufenen Kriminal
abteilung, die die Diebereien verhindern sollte, in roten Strümpfen
und Lackschuhen, deren Kerkunst keinen Zweisel ließ. im Schloß
umherliefen. Der Anschaffungswert des in den Livreekammern
des Schlosses gestohlenen Gutes wird auf 250000 Mark ge
schäht, der Wert der gestohlenen Wäsche auf über 10000 Mark.
Unberührt von den Plünderungen blieb der Weinkeller. Der Silber
kammer fehlten nur einige Stücke, obgleich die Schlüssel dazu dem
Silberverwalter unter Bedrohung mit einem Revolver abgenommen
worden waren.
Verschiedene der gestohlenen Güter wurden vermutlich auf
dem Wasserwege fortgeschafft. Der Versuch, einen dieser Trans
porte, zu dem die Vorbereitungen der Kriminalabteilung bekannt
geworden waren, abzufangen, scheiterte, da die Diebe von den be-