Geleitwort
Erst dieser Tage wieder hat die Beschäftigung eines pfälzischen
Staatsanwalts und eines bayrischen Landgerichts mit Corvins
„Pfaffenspiegel“ die unverwüstliche Lebenskraft dieses Buches
dargetan, zu der allerdings sein innerer Gehalt nicht ira rechten
Verhältnis steht. Als nämlich nach 1840 die oppositionell ge
stimmten Teile des deutschen Bürgertums, Vorpostengefecht ihres
Kampfes gegen die weltlichen Mächte, einen scharfen Strauß mit
den kirchlichen Gewalten ausfochten, als Görres in der Aus
stellung des Heiligen Rockes zu Trier den Triumph der katho
lischen Kirche über den paritätischen Staat sah, als zur Antwort
Ronge das Banner der deutschkatholischen Bewegung aufpflanzte
und Leberecht Uhlich und Gustav Adolf Wislicenus, die frei
religiösen Gemeinden gründend, in den buchstabengläubigen
Protestantismus Bresche schlugen, damals, als alle Welt sich in
Glaubens-, Kirchen- und Bibelfragen mit Für und Wider erhitzte,
flog der „Pfaffenspiegel“ als heftige Zweckschrift in die Gärung
der Zeit, „um das Gesicht der römischen Pfaffheit" zu zeigen,
„wie es in dem Spiegel der Geschichte erscheint". Aber selbst
soweit das angefochtene und anfechtbare Buch neben gepfefferten
Geschichtchen aus dem Mönchs- und Nonnenleben Feuerbachsche
und Straußsche Gedanken zu kleiner Münze umprägte, ist es
längst von ansehnlicheren Leistungen der neueren Religions
forschung in den Schatten gestellt und hält darum eigentlich zu
Unrecht den Namen seines Verfassers lebendig, wie denn seine
volkstümlich gehaltenen und freiheitlich gerichteten Darstellungen
zeitgenössischer und älterer Geschichte redlich verstaubt und
vergessen sind.
Aber nicht sein Geschriebenes, sein Gelebtes sollte Otto
von Corvin mit Fug vor dem Fluch des Vergessens bewahren.
Buch- und Stubenmensch auf Umwegen, war er ja zunächst und
ganz und gar ein Freiluftmensch mit Blut in den Adern: ein
Reiter, ein Jäger, ein Schütze, ein Schwimmer nicht gewöhnlichen
Ranges; die Wonnen, sich zum ersten Male gedruckt zu sehen,
verschaffte ihm v/eder ein Sang von Frühlingssonne und Lenzes
lust noch eine Abhandlung über den Unterschied zwischen
Wissen und Erkennen, sondern ganz schlicht eine „Anweisung
der Erlernung der Schwimmkunst“, und mit Pulverschleim hatte