Full text: Ein Leben voller Abenteuer (1)

Drittes Kapitel 
Militärische Strafen, — Standgericht. — Kriegsgericht. — Latten. — Prügel. 
— Schulden. — Leutnant von Ziegesar. — Eine tragische Szene. — Wein 
und Spiel. — Wiesbaden. — Der Quax. — Der schöne Fritz und Nochnicht- 
dagewescnes. — Vergnügungen. — Theater. — Bälle. — Maskenbälle. — 
Die lustigen Mainzerinnen von damals. 
Da ich vielleicht nicht wieder eine Veranlassung dazu habe, so 
will ich hier einiges über die militärischen Strafen und die Art sagen, 
wie das Recht damals in der preußischen Armee gehandhabt wurde 
und höchstwahrscheinlich noch gehandhabt wird. Für kleine Dienst 
vergehen, Nachlässigkeit usw. wurden die Soldaten mit Nach 
exerzieren, Strafwachen, zum Rapport kommen und gelindem Arrest 
gewöhnlich vom Hauptmann selbst oder je nach den Umständen vom 
Major oder Obersten bestraft. Ucber schwerere Vergehen entschied 
ein Standgericht und über Verbrechen ein Kriegsgericht. In den beiden 
letztgenannten Fällen mußte ein „Species facti" an den Auditeur ein 
gereicht werden oder in unbedeutenderen Dingen an den Offizier, 
der bei jedem Bataillon gewissermaßen Auditeur spielte. Nachdem 
die Verhöre gehalten waren, bei denen jedesmal ein Offizier anwesend 
sein mußte, ward ein Standgericht oder Kriegsgericht berufen. Von 
einem Rechtsbeistand oder Verteidiger für den Angeklagten war gar 
nicht die Rede; wahrscheinlich setzte man voraus, daß der Auditeur 
beide Rollen als Ankläger und Verteidiger in sich vereinigen könne. 
Das Standgericht unterschied sich vom Kriegsgericht nur darin, daß 
ersteres von einem Kapitän oder Hauptmannsdienst tuenden Leutnant 
und das letztere von einem Major oder Majorsdienst tuenden Haupt 
mann präsidiert wurde und die Zahl der Beisitzer um die Hälfte 
weniger zahlreich war. Bei einem Kriegsgericht bestand das Personal 
aus einem Major, zwei Hauptleuten, zwei Premierleutnants, zwei 
Sekondeleutnants, zwei Sergeanten, zwei Unteroffizieren und zwei 
Gefreiten. Zunächst mußten alle Richter den Eid leisten, „nach 
bestem Wissen und Gewissen" zu richten und weder „Freundschaft 
noch Feindschaft, Gaben noch Geschenke" Einfluß auf ihr Urteil 
haben zu lassen. Dann wurde nochmals ein summarisches Verhör vor- 
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