Leutnants-Leben
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Konferenz so günstig wie möglich. Konnte ich eine Frau anständig
ernähren, dann stand meinem Glück nichts entgegen; weiter nichts.
Der gute Müller hatte seine blutdürstigen Gedanken aufgegeben, als
er mich mit Pistolen nach der Scheibe schießen und dreimal hinter
einander das Zentrum treffen sah. Er wurde bald wieder auf die
Reise geschickt und war nicht ferner im Wege,
Es folgten nun drei Monate ungetrübten Glückes. Ich ver
stand es, mich bei allen Hausgenossen und Nachbarn immer beliebter
zu machen, und eine alte Kammerrätin war so enthusiasmiert, daß
sie Frau Cardini oftmals erklärte; „Nein, Sie haben an dem Leutnant
eine wahre Perl' im Hause; eine wahre Perl'!" Die „Perl'" drehte das
ganze Haus von oben nach unten. Frau Cardini gab sogar ihre „Gut-
stub“* zur Bühne her, auf der die „Landpartie nach Königstein" mit
vielem Lärm und Beifall aufgeführt wurde. Ein solcher Sieg über
Frau Cardini war keine Kleinigkeit, denn die „Gutstub”' einer Frank
furter Hausfrau ist ein Ort, dessen Heiligkeit nur durch die der
„guten Gutstub’" übertroffen wird. In der Gutstub' hing über dem
Sofa ein großes Familiengemälde, Frau Cardini, in ihrem geräumigen
Schoß einen nackten Knaben, schön wie ein Liebesgott, haltend, dem
Helene ein Blumenkörbchen reicht, während die zweite Schwester
mit dem Familienpudel auf der andern Seite steht und der Papa, wie
er leibt und lebt, vergnüglich im Hintergründe eine Prise aus der
eigenen Fabrik nimmt.
Man hegte damals große Besorgnisse, daß an einem alljährlichen
Volksfesttage irgend weiche Unruhen ausbrechen würden, und traf,
ihnen zu begegnen, allerlei militärische Vorbereitungen, die von dem
vernünftigeren Teile der Offiziere lächerlich gemacht wurden, da die
Furcht vor einem Krawall abgeschmackt war. Das ganze Bataillon
wurde in Bockenheira zusammsngezogen und biwakierte dort in
einem großen Wirtshaussaale, während die Gewehre im Hofe zu-
sammengcstellt waren. Der Major nahm die Offiziere des Bataillons
zusammen und hielt ihnen eine Rede, um sie auf den in der Nacht
erwarteten Kampf vorzubereiten. Er deutete an, daß es leicht zu
einem Handgemenge kommen könne, und gab verschiedene Winke in
Bezug hierauf, welche, da sie einen gelinden Zweifel an der Ge
schicklichkeit in Führung der blanken Waffe, — womit er übrigens
nicht sagen wolle, daß es nicht sehr viele Offiziere im Bataillon
gebe, die sich darauf trefflich verständen, — bei der Ueberraschung
aber — obwohl er die Geistesgegenwart vieler — der meisten, wenn
nicht aller Herren kenne — bei dem unvollkommenen Zustande der
Degen übrigens voll Schwierigkeiten, — „nun meine Herren, Sie
werden mich wohl verstanden haben".
Leutnant v. Asmuth, ein verheirateter, älterer Offizier und ge
scheiter Mann, der sich über die ganze Geschichte lustig machte,
schlug mit dem ernsthaftesten Blick seinen Mantel auseinander und