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Leutnants-Leben
denn auch, aber wir wurden abgelöst. Im August erhielten wir näm
lich die sehr betrübende Nachricht, daß unser Regiment von Mainz
nach Saarlouis versetzt sei und daß wir baldigst dorthin ab
marschieren sollten. Die Großmutter hoffte aufs neue für ihren
Schützling, denn sie hatte nicht den allergeringsten Glauben an die
Treue eines Leutnants, besonders eines so jungen und lustigen, als
ich einer war.
Als wir abmarschierten, ging Rödelheim beinahe in Tränen
wasser unter, welches von den Mädchen des Ortes geweint wurde,
von denen uns sogar eine Anzahl nach Mainz folgten. Als ich zum
letztenmal vor unserm Abmarsch aus dieser Stadt in Rödelheim ge
wesen war und unter Versicherungen ewiger Liebe und so weiter
Abschied von meiner Geliebten genommen hatte, war der Vater so
freundlich, mich selbst in seinem Wagen nach Mainz zurückzubringen.
Es geschah dies nicht nur aus Freundschaft für mich; er wollte nähere
Erkundigungen über mich einziehen, was er eigentlich wohl schon
früher hätte tun können. Das Unglück wollte, daß er sein Quartier
bei einem alten Freunde nahm, dem Weinhändler Herrn Johann
Adam Röder, der begründete Ursache hatte, mit mir höchst unzu
frieden zu sein. Mein Champagnerpump war bekannt geworden und
anstatt von seinen Kollegen und Geschäftsfreunden beklagt zu werden,
ward er auf das unbarmherzigste ausgelacht und dadurch mein
grimmigster Feind, Er war daher mehr als irgend jemand in Mainz
davon durchdrungen, daß ich ein Taugenichts sei; ja er, das arme
Opferlamm, behauptete, ich sei der allergrößte Taugenichts von allen
Offizieren nicht nur in Mainz, sondern in ganz Europa, und machte
meinem Schwiegervater in spe eine so entsetzliche Schilderung von
mir, daß diesem die wenigen Haare zu Berg standen und er be
schloß, seine Tochter lieber Fenella nach in den Krater des Vesuvs
als in das Unglück einer Ehe mit mir zu stürzen. Dazu kam noch,
daß die diplomatischen Noten, welche er mit meiner Familie,
wechselte, eben nicht geeignet waren, ihn zu besänftigen. Adelsstolz
einerseits und Kaufmannsstolz andererseits gerieten in Kollision, und
meine Träume wurden fortwährend beunruhigt durch das Bild meiner
verzweifelten Geliebten, die auf einem geflügelten Geldsack sitzend
immer ferner von mir hinweg schwebte.
Schon als mir der Vater meiner Geliebten diese versprochen
hatte, „sobald ich eine Frau ernähren könne“, tat ich Schritte, eine
solche wünschenswerte Stellung zu erreichen. Ich liebte aufrichtig
und war zu jedem Opfer bereit, ja selbst „Dütchendreher" zu werden,
bei welchem Gedanken es mich freilich überlief, als ob man mir
Hirse in den Nacken schütte. Die Fürstin hatte mir schon früher
gesagt, daß sie mir gern einen Platz am Hofe ihres Bruders ver
schaffen wolle. Die Fürstin hatte mich stets mit solcher Freundlich
keit und mütterlichen Teilnahme behandelt, daß ich in der Tat einiger