Full text: Der kleine Lord

Während Dick sein Kunstwerk mit Eifer begann, sah 
der breitschulterige Mann bald ihn, bald das Schild aufmerk 
sam an. 
„Woher haben Sie das Ding?" fragte er. 
„Von einem Freunde von mir," erwiderte Dick, „von 
einem Knirps. Hat mir die ganze Einrichtung geschenkt. War 
der beste kleine Kerl, den's gibt. Ist in England jetzt. Soll 
so ein — so ein Lord werden da drüben." 
„Lor — Lord?" fragte Mr. Hobbs mit bedeutsamer Lang 
samkeit. „Lord Fauntleroy, hm? Künftiger Graf Dorincourt?" 
Um ein Haar hätte Dick die Bürste fallen lassen. 
„Donnerwetter," rief er, „Sie kennen ihn?" 
„Ich habe ihn gekannt," versicherte Mr. Hobbs, sich die 
feuchte Stirn trocknend, „seit er überhaupt auf der Welt ist. 
Jugendfreunde — ja, Jugendfreunde sind wir gewesen." 
Es verursachte ihm wirklich eine gewisse Gemütsbewe 
gung, von seinem Freunde zu sprechen. Er zog die pracht 
volle goldne Uhr aus der Tasche, klappte den Deckel auf und 
wies Dick die Inschrift. 
„Das war's, was er mir als Andenken gab vor der Ab 
reise. ,Jch will nicht, daß Sie mich vergessen/ so hat er 
Wort für Wort gesagt. Hätt' ihn auch nicht vergessen, meiner 
Seel'!" fuhr er kopfschüttelnd fort, „wenn er mir auch kein 
Andenken gegeben hätte, und wenn ich auch mein Lebtag nichts 
mehr von ihm zu sehen kriegte. Den vergißt keiner." 
^,,Der netteste Bursche war er," stimmte Dick bei, „den 
die Sonne je gesehen hat. Und Grütze im Kopf. Hab' mein 
Lebtag nicht so viel Grütze bei so einem Knirps gesehen. Habe 
große Stücke auf ihn gehalten, das ist wahr, wir sind auch 
Freunde gewesen, so auf eine Art, das will ich meinen. 
Seinen Ball habe ich ihm unter einer Kutsche vorgeholt und 
das, das hat er mir nie nicht vergessen, der kleine Kerl! Und 
da ist er heruntergekommen zu mir mit seiner Mutter oder 
seiner Mamsell und dann schrie er: „Hallo, Dick," als ober 
ein sechs Fuß hoher Bengel wäre und gerade der rechte Ka 
merad für mich, und dabei war der Guck in die Welt nicht 
so hoch wie mein Kasten und steckte noch im Mädelsrocke. Ein 
fideles kleines Haus war es, und wenn es einem einmal 
schief ging, that es einem gut, mit ihm zu diskurieren." 
„So ist's," bestätigte Mr. Hobbs, „und Sünd' und 
Schand' ist's, aus dein einen Grafen zu machen. Der hätt's 
zu ivas gebracht in der Spezereibranche oder auch im Ellen-
	        
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