Full text: Der kleine Lord

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keine Adlige — die wahrhaftig nichtrief er zornig auf 
lodernd. „Die — einem Lord seine Frau sein? In Stücke 
reißen soll man mich, wenn's nicht Minna ist — Minna! 
Die würd' ich überall erkennen, so gut wie Ben! Fragen 
Sie nur den!" 
Mr. Hobbs sank auf seinen Stuhl. 
„Ich hab's ja gesagt, daß alles eine abgekartete Geschichte 
gewesen ist," sagte er. „Ich hab's ja gewußt. Und das haben 
sie ihm angethan, weil er ein Amerikaner ist, einfach deshalb." 
„Welche ,fie‘ haben's ihm angethan?" brüllte Dick ver 
ächtlich. „Die da hat's gethan — die und kein andrer Mensch! 
Die hat immer voll Teufelei gesteckt, und ich will Ihnen 
auch sagen, was mir eingefallen ist, gleich im Augenblicke, 
wie ich das Bild sah! Da — in irgend so einer Zeitung 
hat's gestanden, etwas von dem Bengel, ihrem Sohne, und 
daß er eine Narbe am Kinne habe! Na, wenn der ihr Balg 
da ein Lord ist, dann bin ich auch einer! Bens Kind ist's — 
der Knirps, der die Narbe abgekriegt hat, wie sie den Teller 
nach mir hat schmeißen wollen." 
„Professor Dick Tipton" war von Natur ein kluger 
Junge, und sein Brot in den Straßen einer Großstadt ver 
dienen schärft die Sinne und lehrt Kopf und Augen offen 
halten. Es muß übrigens zugegeben werden, daß für ihn 
die Aufregung und Spannung dieser Stunde eigentlich ein 
Hochgenuß war. Wenn der kleine Lord Fauntleroy an diesem 
Morgen einen Blick in den ihm so lieben Ladenraum hätte 
werfen können, so hätte ihn die Sache wohl sehr ,,'tressiert", 
selbst wenn die Beratungen, die gepflogen, und die wunder 
bar kühnen Pläne, die geschmiedet wurden, sich mit dem 
Schicksal eines beliebigen andern beschäftigt hätten. 
Das Gefühl seiner Verantwortlichkeit hatte für Mr. Hobbs 
etwas vollkommen Ueberwältigendes, während Dick von Ener 
gie und Leben übersprudelte. Er begann sofort, an Ben 
zu schreiben, und schnitt das Bild aus der Zeitung, um es 
ihm beizulegen, und Mr. Hobbs schrieb sowohl an Cedrik als 
an den Grafen selbst. Mitten in dieser angestrengten Thätig 
keit kam Dick ein erleuchtender Gedanke. 
„Hören Sie," begann er, „der, der mir das Blatt ge 
geben hat, der ist A'v'kat. Den könnten wir fragen, was 
zu thun ist, A'v'katen wissen das alles." 
Auf Mr. Hobbs machte dieser Vorschlag und Dicks 
große Findigkeit überhaupt einen ungeheuren Eindruck.
	        
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