7
Bildfläche zu erscheinen, hielt er seinen Einzug als Welt
bürger mit einer Fülle weichen, seidigen, golden schimmern
den Haares, das sich nach sechs Monaten in leichten Locken
um sein Köpfchen krauste; er hatte große braune Augen,
lange Wimpern und ein herziges kleines Gesicht, ferner so
kräftige Glieder, daß er mit neun Monaten plötzlich auf
seinen kerzengeraden strammen Beinchen zu wandeln anfing,
und dabei war er ein so gesittetes Baby, daß es eine Lust
war, seine Bekanntschaft zu machen. Er schien davon aus
zugehen, daß jeder Mensch sein Freund sei, und sprach
jemand mit ihm, wenn er in seinem Kiuderivagen auf der
Straße war, so pflegte er den Unbekannten erst ganz ernst
haft aus seinen braunen Augen anzuschauen, worauf dann
sofort ein sonniges Lächeln folgte. Daher kam es denn auch,
daß in der ganzen Nachbarschaft keine Menschenseele war —
nicht einmal der Spezereihändler an der Ecke, und der war
anerkannt der gröbste Mensch unter Gottes Sonne — die
nicht eine Freude daran gehabt hätte, ihn zu sehen und mit
ihm zu sprechen, und mit jedem Monat, den er älter wurde,
ward er hübscher und lebendiger.
Als er groß genug war, mit seiner Kinderfrau aus
zugehen in einem kurzen, weißen Röckchen, mit einem großen,
weißen Hut auf dem lockigen Haar, erregte er allgemeines
Aufsehen, und die Wärterin hatte der Mama die längsten
Geschichten zu erzählen von Damen, die ihre Wagen hatten
anhalten lassen und ausgestiegen waren, um mit ihm zu
sprechen, und die ganz entzückt gewesen waren, als er in seiner
harmlosen, unbefangenen Art mit ihnen geplaudert hatte,
als ob er sie von jeher gekannt. Diese seltsam unbefangene
Art und Weise, mit jedermann Freundschaft zu schließen, gab
ihm einen ganz eigenartigen Reiz. Er war eine offne, rück
haltslos vertrauende Natur, und sein warmes kleines Herz
wollte, daß es allen so wohl zu Mute sein solle, wie ihm
selbst, das war's, was ihn die Empfindungen derer, die um
ihn waren, so merkwürdig schnell verstehen ließ. Vielleicht
hatte sich dieser Zug auch mehr entwickelt, weil er immer mit
Vater und Mutter lebte, die liebevoll, gütig und voll echter
Herzensbildung waren; nie hörte er zu Hause ein unhöfliches
oder rauhes Wort; von jeher wurde er mit Liebe und Zärt
lichkeit behandelt und umgeben, und so strömte sein Kinder
herz auch von Liebe und Wärme für andre über. Immer
hatte er sein Mütterchen mit süßen Schmeicheluameu nennen