Full text: Der kleine Lord

10 
eine sehr geringe Meinung von den Engländern und er er 
zählte ihm die ganze Geschichte der Losreißung, wobei die 
Schändlichkeit des Feindes und die Tapferkeit der Aufstän 
dischen durch schlagende Beispiele beleuchtet wurden, schließ 
lich trug er ihm noch einzelne Teile der llnabhängigkeits- 
erklärung wörtlich vor. Cedrik war dann so aufgeregt, daß 
seine Augen leuchteten, seine Wangen glühten und all seine 
Locken eine wirre Masse waren; zu Hause konnte er die Mahl 
zeit kaum erwarten, um seiner Mama alles Gehörte wieder 
zugeben, und so war es entschieden Mr. Hobbs, dem er sein 
erstes Interesse für Politik zu danken hatte. Mr. Hobbs 
war auch ein eifriger Zeitungsleser, und daher erfuhr Cedrik 
so ziemlich alles, was in Washington vor sich ging, und 
wußte immer, ob der Präsident seine Schuldigkeit that oder 
nicht. Und bei der letzten Präsidentenwahl waren beide 
sehr erregt gewesen und ohne Mr. Hobbs und Cedrik wäre 
das Land womöglich aus den Fugen gegangen. Cedrik 
wurde dann auch zu einem Fackelzug mitgenommen, und 
mancher Fackelträger erinnerte sich nachher noch des unter 
setzten Mannes an dem Laternenpfahl mit dem blonden Knaben 
auf der Schulter, der so energisch sein Mätzchen geschwungen 
und sein Hurra gerufen hatte. 
Nicht lange nach dieser Wahl war es — Cedrik war 
nun zwischen sieben und acht Jahren alt — daß das seltsame 
Ereignis eintrat, welches sein Leben so ganz und gar umge 
staltete. Merkwürdig war, daß er gerade an dem Tage mit 
seinem Freunde über England und die Königin gesprochen 
hatte, wobei Mr. Hobbs sich sehr hart über die Aristokratie 
geäußert und namentlich mit den britischen Grafen und Marquis 
streng ins Gericht gegangen war. Es war ein sehr heiterer 
Morgen, und Cedrik war, nachdem er mit ein paar Kameraden 
Soldaten gespielt hatte, zu Mr. Hobbs gegangen, um sich 
auszuruhen, und hatte denselben in entrüsteter Betrachtung 
der „London Jllustrated News" gefunden, die eineHofeeremonie 
wiedergab. 
„Ha," sagte er, „auf die Art treiben fie’g nun, aber sie 
werdend schon eingetränkt kriegen eines schönen Tages, wenn 
die sich aufrichten, die sie jetzt mit Füßen treten, und das 
ganze Gelichter übern Haufen werfen — Herzöge und Grafe» 
und all den Plunder! Das bleibt nicht aus; sie sollen sich 
nur vorsehen." 
Cedrik saß wie gewöhnlich rittlings auf dem hohen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.