Full text: Der kleine Lord

„Danke, danke," sagte Cedrik, „ich bin ganz wohl und 
in meinem Kopfe ist alles in Ordnung. Es thut mir ja so 
leid, aber alles, was ich Ihnen gesagt habe, ist wahr, Mr. 
Hobbs; deshalb hat mich ja Mary gestern geholt, und Mr. 
Havisham hat meiner Mama alles gesagt und er ist ein 
Advokat." 
Mr. Hobbs sank in seinen Sessel und trocknete sich die 
Stirn mit seinem Taschentuch. 
„Einer von uns beiden hat den Sonnenstich!" rief er. 
„Nein," versetzte Cedrik, „sicher nicht. Wir müssen uns 
eben drein finden, Mr. Hobbs. Mein Großpapa hat Mr. 
Havisham den ganzen Weg von England herübergeschickt, um 
uns das alles zu sagen." 
Mr. Hobbs starrte ganz bestürzt in das unschuldige, 
ernsthafte, kleine Gesicht vor rhm. 
„Wer ist dein Großvater?" fragte er endlich. 
Cedrik griff in seine Tasche und zog mit großer Sorg 
falt einen kleinen Papierstreifen hervor, auf welchem in großen, 
unbeholfenen Buchstaben etwas geschrieben stand. 
„Ich habe mir's nicht recht merken können, deshalb hab' 
ich's aufgeschrieben," sagte er und las langsam: „John Arthur 
Molyneux Errol Graf Dorincourt! So heißt er und er wohnt 
in einem Schloß — in ein paar Schlössern, glaub' ich. Und 
mein Papa, der gestorben ist, war sein jüngster Sohn; und 
ich wäre kein Graf geworden und kein Lcrd, wenn mein 
Papa nicht gestorben wäre, und mein Papa wäre auch kein 
Graf geworden, wenn seine beiden Brüder nicht gestorben 
wären. Aber die sind alle tot, und ist gar keiner da außer 
mir — kein Junge — deshalb muß ich der Graf werden, 
und mein Großpapa hat jemand geschickt, der mich nach Eng 
land abholen soll." 
Mr. Hobbs schien es immer heißer zu werden, er wischte 
seine Stirn und seinen kahlen Schädel und schnaubte und 
pustete ganz fürchterlich. Daß hier ein sehr merkwürdiges 
Ereignis vorlag, fing an, ihm aufzudämmern, wenn er dann 
aber wieder den kleinen Jungen auf der Biskuitkiste ansah 
mit den ängstlichen, unschrlldigen Kinderaugen, an dem so 
ganz und gar nichts verändert zu sein schien, sondern der 
ganz der nämliche hübsche, fröhliche kleine Kerl war in seinem 
schwarzen Röckchen mit der roten Krawatte, wie er am Tage 
vorher auch da gesessen, so überwältigte ihn diese Geschichte 
von Adel und Titeln immer wieder aufs neue, und weil Cedrik
	        
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