Full text: Der kleine Lord

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Sein Partner war mit Leib und Seele dabei, sein fröhliches 
Lachen, wenn er einen „famosen Wurf" gethan hatte, seine 
unparteiische Freude, wenn er selbst, oder wenn der Gegner 
Glück hatte, belebten die Sache ungemein. Wer dem Grafen 
vor einigen Tagen gesagt hätte, daß er Gicht und üble Launen 
vergessen würde überm Spiele mit schwarz und weißen Holz 
zäpfchen und einem blondlockigen, kleinen Jungen als Partner! 
Und nun war er so vertieft darin, daß er's beinahe über 
hörte, als Thomas einen Besuch meldete. 
Der in Rede stehende Besucher war ein älterer Herr in 
schwarzer Kleidung und kein Geringerer, als der Geistliche des 
Ortes; derselbe war so verblüfft über das Bild, das sich ihm 
bei seinem Eintritt darbot, daß er, einen Schritt zurückprallend, 
fast, mit Thomas zusammengestoßen wäre. 
Es gab keinen Teil seiner Amtspflicht, den Mr. Mor- 
daunt so schwierig und so peinlich zu erledigen fand, als den 
Verkehr mit seinem Gutsherrn, der die Besuche bei ihm stets 
zu überaus unerquicklichen Stunden gestaltete. Gegen Kirchen 
und Wohlthätigkeitsanstalten hatte derselbe nun einmal ein 
entschiedenes Vorurteil; war die Gicht sehr schlimm, so er 
klärte er ohne weiteres, daß er nicht durch Erzählungen über 
das Bettlerpack mißhandelt werden wolle. Waren die Schmerzen 
etwas geringer und die Stimmung menschlicher, so gab er zu 
letzt einiges Geld her, aber nie, ohne möglichst viel Sarkasmen 
und verletzende Bemerkungen über den Pfarrer ausgegossen zu 
haben, der es äußerst schwierig fand, seine christlichen Gesinnun 
gen auch auf den edlen Lord in Anwendung zu bringen. Aus 
freiem Willen etwas Gutes thun oder einen freundlichen Ge 
danken für andre hegen, waren Dinge, welche Mr. Mordaunt 
in all den Jahren an seinem Gebieter nicht kennen gelernt hatte. 
Heute war er gekommen, um über einen besonders 
dringenden Fall zu reden, und er hatte sich noch mehr als 
sonst mit Furcht und Zittern auf den Weg gemacht. Ein 
mal wußte er, daß der Graf seit mehreren Tagen an einem 
besonders heftigen Gichtanfall litt und daß das Barometer 
auf Sturm stand, so daß Gerüchte darüber sogar bis ins 
Dorf gedrungen waren — Mrs. Dibble, die einen kleinen 
Laden mit Nähnadeln, Strickgarn, Pfefferminzzeltchen und 
Klatsch hielt, besaß als Hauptbezugsquelle für letzteren ge 
suchten Artikel eine Schwester, die als Hausmädchen im Schlosse 
diente, mit Mr. Thomas auf gutem Fuße stand und einfach 
„alles" wußte.
	        
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