Full text: Der kleine Lord

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„Wer sind denn die dort?" 
„Zwei von deinen Vorfahren, die vor mehreren hundert 
Jahren gelebt haben." 
„Vielleicht," dachte Cedrik, die ihm so merkwürdigen Vor 
fahren mit Ehrfurcht betrachtend, „hab' ich von denen meine 
Lithographie geerbt." 
Als die Musik begann, stand er auf und sah mit einem 
sonnigen Lächeln zu seiner Mutter hinüber. Cedrik hatte 
große Freude daran, und Herzlieb und er sangen oft und 
viel initeinander, so stimmte er nun herzhaft mit ein und wie 
ein Vogelstimmchen drang der klare, liebliche, helle Ton durch 
den Raum. Er vergaß sich und seine Umgebung darüber 
und dem Grafen, der, halb hinter seinem Vorhang verborgen, 
den Jungen beobachtete, ging es schier ebenso. Das große 
Gesangbuch in den kleinen Händen, das Gesichtchen mit strah 
lenden: Ausdrucke empor gerichtet, stand Cedrik da und sang 
so andächtig und so laut er konnte, und durch eine der kleinen 
farbigen Scheiben stahl sich ein Sonnenstrahl herein und 
spielte auf seinen goldnen Locken. Als seine Mutter zu ihm 
hinüberblickte, zog es wie ein heiliger Schauer durch ihr Herz, 
aus dem ein heißes Gebet zum Himmel aufstieg, daß d:e 
sonnige Reinheit seines Kinderglückes und Kinderherzens dauern 
möge, und daß jenes neue, seltsame Schicksal, das ihm zu teil 
geworden, ihm keinen Schaden thun möge an seiner Seele. 
„O, Ceddie," hatte sie gestern abend bei dem langen, 
innigen Gutenachtküsse zu ihm gesagt: „O, Ceddie, wie möcht' 
ich um deinetwillen klug und weise sein, um dir viel, viel 
Wichtiges sagen zu können. Sei nur immer gut, mein 
Herzenskind, gut und wahr und treu, dann wirst du keinem 
wehe thun und dein Leben wird vielen zum Segen werden 
und die ganze, große, weite Welt wird ein wenig besser, weil 
inein Kind gut ist. Denn weißt du, Ceddie, das ist das 
Allerbeste und Allerhöchste, daß es allen zu gute kommt, 
wenn ein einzelner Mensch von Herzen gut :st." 
Fauntleroy hatte daheim dem Großvater diese Worte 
wiederholt und hinzugesetzt: „Da hab' ich natürlich an dich 
denken müssen und habe Herzlieb gesagt, daß die Welt viel 
besser geworden sei durch dich und daß ich suchen wolle, ein 
mal gerade so zu werden wie du." 
„Und was hat sie darauf gesagt?" hatte der Graf mit 
einigem Unbehagen gefragt. 
„Das sei recht," hat sie gesagt, „und wir sollen immer 
iv. es. 6'
	        
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