Full text: Die Theodicee. (4)

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Abhandlung II. § 97. 98. 
Johann Philipp von Schönborn, der Onkel des gegen 
wärtigen Erzbischofs, welcher ruhmvoll in den Fuss- 
stapfen seines würdigen Vorgängers wandelt, hat mir 
erzählt, dass dieser Pater sich in Franken befand, als 
man dort mit Wuth alle angeblichen Hexen verbrannte; 
derselbe habe mehrere bis zu dem Scheiterhaufen be 
gleitet und aus ihren Geständnissen und den über sie 
gemachten Ermittelungen erkannt, dass sie ganz un 
schuldig gewesen. Der Pater sei davon so gerührt ge 
wesen, dass er trotz der damals mit der Verkündung der 
Wahrheit verknüpften Gefahren sich doch zur Abfassung 
dieses Werkes entschlossen habe (ohne jedoch sich zu 
nennen). Dasselbe erregte grosses Aufsehen und belehrte 
in diesem Punkte den Kurfürsten, der damals noch ein 
facher Kanonikus war, dann Bischof von Würzburg 
wurde und endlich auch Erzbischof von Mainz. Er 
untersagte sofort bei Antritt seiner Regierung alle diese 
Scheiterhaufen und ihm folgten der Herzog von Braun 
schweig und später die meisten Fürsten und Staaten 
Deutschlands. 
98. Diese Abschweifung war vielleicht am Ort, 
weil dieser Schriftsteller es verdient, mehr bekannt zu 
werden. Ich komme jetzt auf den Gegenstand zurück 
und füge noch hinzu, dass ich annehme, wie heute eine 
Kenntniss Jesu Christi dem Fleische noch zum Heile 
nöthig ist, da dies in der That das sicherste Mittel der 
Belehrung ist und man kann daher sagen, dass Gott 
diese Kenntniss allen verleihen wird, welche das thun, 
was menschlicher Weise von ihnen abhängt, selbst wenn 
es von Gott durch ein Wunder geschehen müsste. Auch 
können wir nicht wissen, was bei dem Nahen des Todes 
in den Seelen vorgeht. Wenn selbst mehrere gelehrte 
und bedeutende Theologen daran festhalten, dass die 
Kinder eine Art Glauben durch die Taufe empfangen, 
obgleich sie sich dessen später nicht mehr entsinnen, 
wenn man sie darüber befragt, weshalb sollte man da 
nicht behaupten können, dass etwas Aehnliches, ja selbst 
Bestimmteres auch bei den Sterbenden geschehen könne, 
die wir nach ihrem Tode tiberdem nicht mehr befragen 
können. Es stehen daher Gott unzählige Wege offen, 
auf denen er seiner Güte Genüge leisten kann und alles, 
was wir dagegen einwenden können, läuft nur darauf
	        
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