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Abhandlung H. § 117. 118.
„haftet auch allen seinen andern Vollkommenheiten an,
„seiner Liebe zur Tugend, seinem Hasse des Lasters u. s. w.,
„sie müssen die grössten sein, die man sich vorstellen
„kann. [Man sehe Herrn Jurien in den drei ersten
„Abschnitten seines „Urtheils über die Methoden“, wo
„er sich stets auf diesen Satz, als einen obersten Grund
satz stützt. Man sehe auch bei Herrn Wittichius in
„seiner Providentia Dei, Nr. 12 die Worte des heiligen
„Augustin, Buch I Ueber die christliche Lehre Kap. 7.“:
Cum cogitatur Deus, ita cogitetur ut aliquid, quo nihil
melius sit atque sublimius. (Wenn Gott vorgestellt
wird, geschehe es als ein Wesen, über welches es kein
besseres und höheres giebt.) Und bald darauf: Nec
quisquam inveniri polest, qui hoc Deum credat esse, quo
melius aliquid est. (Niemand kann sich Gott so vor
stellen, dass er meint, es gebe noch etwas Besseres, als
Gott.)]
Dieser Satz ist ganz der meine, und ich folgere
daraus, dass Gott das möglichst Beste thut; sonst wäre
die Ausiibirng seiner Güte beschränkt und damit seine
Güte selbst, wenn sie ihn nicht dahin triebe und wenn
ihm der gute Wille fehlte; oder es Messe seine Weis
heit und seine Macht beschränken, wenn ihm die
Kenntnisse fehlten, um das Beste zu erkennen und die
Mittel dazu aufzufinden, oder wenn ihm die nöthigen
Kräfte zur Anwendung dieser Mittel abgingen. Dennoch
ist der Satz von der Unendlichkeit von Gottes Liebe zur
Tugend und von seinem Hasse des Lasters zweideutig.
Wäre dies unbedingt und ohne Beschränkung in der
Ausübung richtig, so würde es kein Laster in der Welt
geben. Vielmehr ist zwar jede Vollkommenheit Gottes
an sich unendlich, aber sie wird nur nach Verhältniss
des Gegenstandes und so ausgetibt, wie die Natur der
Dinge es mit sich bringt. Deshalb überwiegt bei ihm
die Liebe zu dem Bessern im Ganzen alle andern
Neigungen und einzelnen Verabscheuungen; nur diese
Liebe allein ist unendlich, da Gott durch Nichts ge
hindert werden kann, sich für das Beste zu entscheiden;
und wenn also ein Laster mit dem möglichst besten Plane
verknüpft ist, so gestattet Gott dasselbe. 90 )
118. III. „Da eine unendliche Güte den Schöpfer
„bei Erschaffung der Welt geleitet hat, so sind alle